Eine Frage des Bewußtseins-betr.: "Risikodiskussion" von Heiner Geißler, taz vom 29.6.92

Betr.: „Risikodiskussion“ von Heiner Geißler, taz vom 29.6.92

Wer sagt denn, daß die Politik schmutzig sein muß? Daß sie es ist, das erkennt Heiner Geißler wenigstens.

Realität ist, daß das Politproletariat aus mannigfaltiger Borniertheit sich die Hände schmutzig macht mit ozonbedingtem Hautkrebs, sich verbrennt durch die Tropenwaldrodung, bedeckt mit Umweltmüll, die Finger kontaminiert mit schöpfungswidriger, nuklearer Energie und noch gierig die Hände mit unschuldigen, irakischen, kurdischen usw. Blut besudelt (selbst Schüler haben davor gewarnt — aber das sind ja nur Sonntagskinder). Eines glitzert nach all dem Schmutz in den schmierigen Händen: der blanke, geliebte Mammon. In dieser Kurzsichtigkeit ist das Leben egal — das heutige und das für unsere Kindeskinder [...].

Herr Geißler, da liegt die entscheidende Distanz zwischen „Katheder und Rednerbühne“. Leben — die einzige unantastbare Wahrheit, die für eine verantwortungsvolle Persönlichkeit, egal welchen Berufes nur Gültigkeit haben darf — besser haben muß!

Diese Wahrheit, die als Erkenntnis der großen Professoren, Literaten... errungen wurde, kann nur einzige Richtlinie sein zur Minderung der oben genannten Distanz.

Aber klar, Herr Geißler, das waren ja nur Literaten, Lichtgestalten, Sonntagskinder..., die als Straßennamen die Trottoire erleuchten, aber nicht die Köpfe des Politproletariats erreichen. Wie auch? Dieses Proletariat tummelt sich freiwillig im Dunkeln mit schmutzigen Händen. Aber Schuld sind die historischen Irrtümer und die parteiaversiven Sonntagskinder. So einfach, Herr Politiker? Es ist eine Frage des Bewußtseins! E.-Christian Ahrens, Brühl