Konfrontation mit der Realität

■ Björn Borg auch beim Senioren-Turnier in Hittfeld ohne ernsthafte Chance

auch beim Senioren-Turnier in Hittfeld ohne ernsthafte Chance

Nur selten huscht ein Lächeln durchs Gesicht des Mannes mit dem Stirnband. Björn Borg, fünfmaliger Wimbledon-Gewinner und Teenie-Star der 70er Jahre, scheint eher genervt ob seiner eigenen Leistung beim ATP-Senioren-Tennisturnier in Hittfeld. Zusammen mit seinem Doppelpartner John Newcombe kämpft er in diesem Hamburger Vorort um ein Preisgeld von insgesamt 76000 Dollar. Bisher ohne großen Erfolg. Das erste Spiel gegen das Doppel Pilic/Flemming ging mit 6:3, 4:6, 1:6 verloren. Das zweite gestern nachmittag mit 4:6 und 3:6 gegen Tomas Smid und Tom Okker, 48 Jahre, ehedem bester Doppelspieler überhaupt.

Das Publikum störte das wenig. Nicht Schnelligkeit, nicht Dynamik war es, was begeisterte. Das Ballgefühl der Spieler, „aus einer Zeit, in der Tennis noch als Kunst zelebriert wurde“, so Turnierleiter Frank Lichte, versetzte die 500 Zuschauer in Verzückung. Hinzu eine Contenance bei gegnerischen Punkten, die den heutigen Spielern fremd ist. Björn Borg teilweise auch. Für ihn, der noch von vergangenen Erfolgen träumt und wie seine Altersgenossen Jim Conners oder John McEnroe am großen Tenniszirkus teilnehmen möchte, ist dieses Turnier eine weitere bittere Konfrontation mit der Realität.

Sicher, das Publikum liebt ihn noch, den Eis-Borg, den einstigen Backfischschwarm aus Schweden, und begleitet jede gelungene Aktion mit frenetischem Beifall und „Ah“-Rufen. Aber seine Kunst, der langgespielte Topspin-Ball, erscheint selbst hier, bei diesem Turnier der teilweise über 50jährigen, antiquiert. Dafür wird Tennis hier mit dem Ernst eines reinen Show- Ereignisses gefeiert. Etwa von Illie Nastase, dem Tennisclown, oder von John Newcombe, dem 25maligen Sieger von Grand-Slam-Turnieren, immerhin schon 48jährig, der in diesem Doppel mit Björn Borg den stärkeren Part spielte. Seine Kommentare zum Spiel waren es auch, die Borg das seltene Lächeln über das Gesicht huschen ließen. Kai Rehländer