: Schwulenangst im Michel
■ Rita Süssmuth-Predigt mußte nach St. Katharinen verlegt werden / Streit um AIDS-Beauftragte / Seelsorge statt Öffentlichkeitarbeit
mußte nach St.Katharinen verlegt werden / Streit um Aids-Beauftragten / Seelsorge statt Öffentlichkeitsarbeit
Im Vorwege des für Sonntag abend geplanten „Aids-Gottesdienstes“ mit Rita Süssmuth hat es in der Kirche offenbar erhebliche Spannungen gegeben. Nachdem die Bundestagspräsidentin bereits für den Michel zugesagt hatte, lehnte der dortige Gottesdienstausschuß das Konzept der Veranstaltung ab. Einige Ausschußmitglieder seien nicht bereit gewesen, eine Aktion zu unterstützen, die zur Akzeptanz von Homosexualität aufruft, berichtet Miguel-Pascal Schaar, der die Gottesandacht organisiert. Die Kirchenvertreter hätten an dem geplanten Auftritt des Schwulenchors Schola Canterosa Anstoß genommen.
Es ist nicht das erste Mal, daß der 24jährige Theologiestudent, der in dem Aids-Projekt „Leuchtfeuer“ aktiv ist, Schwierigkeiten mit seinen Glaubensbrüdern bekommt. Schaar: „Ich merke, daß mich die Amtskirche kritisch beäugt. Sie ist nicht bereit, mich zu fördern. Manchmal wird meine Arbeit auch behindert.“
So wurde auch Miguel-Pascal
1Schaars Bewerbung zum Hamburger Aids-Beauftragten vom Kirchenkreisverband zurückgewiesen, obwohl der Amtsvorgänger ihn vorgeschlagen hatte. Statt dieses Amt neuzubesetzen, einigten sich die Hamburger Pröpste, Pastor Willie Roggmann als „Ansprechpartner“ für Aids-Fragen zu benennen. Der Propst bevorzugt die Aids-Seelsorge und möchte keine Öffentlichkeitsarbeit betreiben. Dieses Konzept hat Folgen: Der Pressereferent der Nordelbischen Kirche Jörg Herrmann weiß noch nicht einmal, daß Roggmann sich mit Aids beschäftigt.
Doch Miguel-Pascal Schaar ließ sich durch die Wahl-Schlappe nicht entmutigen. Als Aids-Beauftragter des evangelischen Kirchenkreises Altona setzt er seine Arbeit fort. Er fordert, daß sich die Kirche mit dem Thema Aids und damit verbunden Homosexualität auseinandersetzt.
Rolf Sauer von der Schwulenberatungsstelle St.Petri kennt das Problem: Täglich kommen schwule Christen zu ihm, die von anderen Gemeindemitgliedern ausgegrenzt werden. Doch Sauer ist guter Hoffnung: „Die zukünftige Bishöfin Maria Jepsen hat angekündigt, sich auch verstärkt um Homosexuelle zu kümmern.“ Robin Meyer-Lucht
Der Gottesdienst beginnt um 18 Uhr. Anschließend „lockeres Beisammensein“ bei Brot, Käse, Wein und Kirschen.
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