Teilsieg für Brüggeweg-Anwohner

■ Verwaltungsgericht: Umleitungen für LKW's sind Mercedes zuzumuten

Werksparkplatz Mercedes: Viele kommen durch den Brüggeweg

„Die jetzigen Verkehrsverhältnisse überschreiten die Grenzen dessen, was die Anwohner (...) an Verkehrsbeeinträchtigungen hinzunehmen haben, deutlich.“ Die Stadtgemeinde Bremen muß sich in Sachen Verkehrsberuhigung im Brüggeweg - nach zehn Jahren Streit mit den autogeplagten AnwohnerInnen - endlich ernsthaft mit Entlastungsmöglichkeiten für den Hemelinger Straßenzug, der gleichzeitig Zufahrt zum Mercedes-Werk ist, befassen. Das ist eine Konsequenz aus einem Urteil des Bremer Verwaltungsgerichtes. Dort hatten zwei AnwohnerInnen gegen die Stadtgemeinde Bremen wegen Untätigkeit geklagt und Anfang Mai recht bekommen; die Urteilsbegründung liegt jetzt vor.

Rund 16.000 Kraftfahrzeuge rauschen durchschnittlich pro Tag durch den Brüggeweg und die angrenzende Schlengstraße. Der gemessene Lärmpegel überschreitet die Richtwerte der

Lärmschutz-Richtlinien erheblich: bei solchen Werten können „dauerhafte gesundheitliche Schäden der Wohnbevölkerung nicht mehr ausgeschlossen werden“, stellten die RichterInnen fest. Ein unbeschränktes Fahrverbot für LKWs statt des bisher nur nachts geltenden wollten die AnwohnerInnen durchsetzen; zudem sei es nicht länger tragbar, daß der nur 5,30 Meter breite Brüggeweg auch noch als Umleitungsstrecke der Autobahn herhalten muß. Weiterhin schlugen sie Maßnahmen wie ein Tempolimit von 30 km/h und ein Überholverbot vor.

Hemelingen sei schon immer ein Stadtteil mit erheblichen Industrie- und Gewerbeansiedlungen gewesen, daher seien generelle Fahrverbote für LKWs nicht vertretbar, argumentierte die Stadt. Durch die Eisenbahnlinien Bremen-Hannover und Bremen-Osnabrück, die durch den Stadtteil verlaufen, gebe es keine Alternative zur jetzigen Verkehrsführung; auch die Ausweichstrecke für die Autobahn könne nicht verlegt werden.

Das habe die zuständige Straßenverkehrsbehörde bis jetzt überhaupt noch nicht ausreichend geprüft: „Eine sorgfältige Prüfung und Abwägung von straßenverkehrsrechtlichen Entlastungsmöglichkeiten (...) liegt bislang nicht vor“, urteilte das Gericht. Und das, obwohl die erhebliche Verkehrsbelastung durch die Ansiedlung des Daimler-Werkes im Jahr 1980 voraussehbar war. Durch den Bau des „Hemelinger Tunnels“ sollte Abhilfe geschaffen werden, dessen Planung wurde aber — zehn Jahre später — im Jahr 1990 zu den Akten gelegt. Weiterhin seien in der vom Amt für Straßen- und Brückenbau abgegebenen Stellungnahme die Belange der AnwohnerInnen nicht ausreichend gewichtet worden, meinen die Richter.

Konkrete verkehrsberuhigende Maßnahmen vorzuschlagen ist nicht Sache des Gerichtes; in dem Verfahren ging es lediglich darum, ob Maßnahmen zur Verkehrsbeschränkung nach Abwägung der entgegenstehenden Verkehrsbedürfnisse eingeleitet werden müssen. Und nach Ansicht des Gerichts müssen sie: „Weder der Gebiets- noch der Straßencharakter schmälern die (...) prinzipielle Schutzwürdigkeit“ der geplagten AnwohnerInnen, so das Gericht. Die Lage am Brüggeweg sei nicht als „bloße Konsequenz der allgemeinen Verkehrszunahme in einem (...) vorbelasteten Stadtteil“ anzusehen — die industriellen Neuansiedlungen, insbesondere die Erweiterung des Daimler-Werkes, habe einen Straßenzug getroffen, dessen Belastungsgrenze bereits vorher erreicht gewesen sei.

Eine Totalsperrung des Brüggewegs für den Durchgangsverkehr könnten die AnwohnerInnen nicht verlangen, heißt es in der Urteilsbegründung. In erster Linie sei aber nun zu prüfen, ob ein Nachtfahrverbot für LKWs, eventuell nur für Schwergewichtler über 7 Tonnen, praktikabel sei. Damit die direkt im Brüggeweg angesiedelten Betriebe weiterhin erreichbar sind, könnte die Sperrung für Anlieger nicht gelten. Weiterhin müsse auch über die Sperrung in nur einer Fahrtrichtung nachgedacht werden. Als Verbindung zur A1 sei die Osterholzer Landstraße denkbar: Die dadurch entstehenden längeren Zufahrten zu den Betrieben hält das Verwaltungsgericht für zumutbar. Weiterer Vorschlag: Eine Ausweichstrecke für die Autobahn könne auch weiträumig angelegt werden.

Die Stadt Bremen hat bereits angekündigt, gegen das Urteil Berufung einzulegen. Mit einer eventuellen Berufungsverhandlungen soll Zeit für die Erledigung der Prüfaufträge gewonnen werden. Falls die Stadt dann doch ein LKW-Fahrverbot erlassen sollte, ist mit Klagen von Mercedes Benz zu rechnen.

Susanne Kaiser