„Things fall apart“

■ Afrikanische und osteuropäische Schriftsteller trafen sich in Potsdam zum öffentlichen Gespräch/Editorial

Zwei afrikanische Schriftsteller umarmen sich auf einem Hotel- Schiff namens „Friedrich der Große“ in Potsdam. Um sie herum eine Orgie aus Plastik, an der selbst die Blumen teilhaben. Aber da es sowieso keinen passenden Ort gibt für so ein Wiedersehen, wenn einer aus dem Gefängnis kommt, ist es auch wohl gleichgültig, was neben ihnen steht.

Daß sie sich lebend wiedersehen, war lange nicht ausgemacht. Vier Jahre ohne Anklage und ohne Prozeß war Jack Mapanje in einem der mörderischen Kerker seines Landes, des zentralafrikanischen Staates Malawi, gefangengehalten worden.

Was passiert, wenn fünf afrikanische Schriftsteller in Europa auf vier osteuropäische Schriftsteller treffen? Gibt es eine Verständigung über die politischen Offensichtlichkeiten hinaus — den Umbruch und die Armut hier wie dort und „den Westen“, als Beispiel und Haßobjekt gleichermaßen vor Augen?

Dialoganfänge, Verständigungstexte — wie sie auszugsweise von drei TeilnehmerInnen des Treffens auf dieser Seite vorgestellt werden — waren in Auftrag gegeben worden, die Abwesenheit „westlicher“ Schriftsteller im Publikum war traurig voraussehbar. Das meist junge Potsdamer und auswärtige Publikum war um so aufmerksamer. In den Diskussionen war wie üblich viel die Rede von alten und neuen Mauern und Metaphern, von gegenseitigen Projektionen und dem (Un-)Verständnis der einen für die anderen. In der flachen Sprache politischer Positionskämpfe herrschte meist männlicher, immerhin gutmütiger Streit, und viel Larmoyanz auf (ost-)deutscher Seite.

Aufregend wurde die Begegnung erst bei der sonnabendlichen Lesung. Dort markierten Fabel, Erzählung, Prosagedicht, Lyrik und Kurzgeschichte die eigentlichen Unterschiede zwischen den Dichtern, und die hatten so viel nicht zu tun mit Landes- und Kontinentgrenzen.

Je radikaler der literarische Ausdruck — radikal im Verzicht auf Botschaften —, desto eher war Kommunikation, selbst über Sprachgrenzen hinweg, möglich. Für diese und andere Erkenntnisse sei auch den Organisatoren gedankt. Den DichterInnen aber am meisten. Uta Ruge

Veranstalter des Kolloquiums „things fall apart“ waren: 'Index on Censorship‘, London, Gesellschaft zur Förderung der Literatur aus Afrika, Asien und Lateinamerika, Frankfurt am Main, Heinrich- Böll-Stiftung, Köln.