: Deutsche Airbus: Bund steigt aus
Daimler Benz bekommt alles / Trotz Einstellungsstopp: Betriebsrat sieht keine Gefahr für ■ 8700 Hamburger Arbeitsplätze
Hamburgs größtem Industriebetrieb, der Deutschen Airbus GmbH, steht ein tiefer Einschnitt bevor: Überraschend kündigte der Bonner Staatssekretär Erich Riedl am Samstag den Ausstieg der Bundesregierung als Kapitaleignerin an. Vier Jahre früher als vorgesehen übernimmt der Mutterkonzern Daimler-Benz voraussichtlich im Herbst das 20-Prozent-Paket - und zwar zum Nulltarif. Dieses Bonbon war offenbar notwendig, um dem Rüstungs- und Autoimperium den Wegfall von 640 Millionen Mark schmackhaft zu machen, die Daimler bis 1996 zur Absicherung des Dollar-Risikos aus der Kasse des Finanzministers zugeflossen wären.
Dabei sieht die Lage der Flugzeugindustrie augenblicklich alles andere als rosig aus. Nach dem Absturz des europäischen Kampfflugzeug-Projektes Jäger90, der rasanten Talfahrt des Dollar-Kurses und der Kürzung der bundesdeutschen Militärausgaben bekommt auch das Werk an der Elbe die Flaute zu spüren. Wegen stagnierender Produktion gilt zur Zeit bei der Finkenwerder Airbus ein Einstellungsstopp. Daß die Bundesregierung just in dieser Situation ihre schützende Hand wegzieht, löst bei etlichen der 8700 hanseatischen ArbeitnehmerInnen ein mulmiges Gefühl aus. Doch dazu gibt es vorerst keinen Grund, meint zumindest Betriebsratsvorsitzender Hans-Günter Eidtner.
Milliardenumsätze sowie der jüngste Großauftrag über 50 Festbestellungen der United Airlines festigen die Position der Airbus, die mit der Münchner Daimler-Tochter DASA verquickt ist. Bei letzterer ist der Hamburger Senat Aktionär. „Wegen der von uns erwirtschafteten DASA-Überschüsse sind wir ein Glanzpunkt“, so Hans-Günter Eidtner. DASA-Chef Jürgen Schrempp sah allerdings noch vor vier Wochen düstere Wolken über seinem Betrieb aufziehen. Vom Wegfall des Jäger90 würden nicht nur süddeutsche sondern auch norddeutsche DASA-Betriebe betroffen, orakelte er während einer Bilanzpressekonferenz. Die Karten würden dann völlig neu gemischt.
Im Rahmen eines neuen Luftfahrtkonzeptes müßten dann die Arbeitspakete auch aus den zivilen Flugzeugprojekten des Konzerns neu verteilt werden.
Noch im Juni hatte Jürgen Schrempp die vorzeitige Vollübernahme der Airbus GmbH dementiert. Als Grund für den Ausstieg des Bundes wird in Wirtschaftskreisen die Kritik der Mitgliedsstaaten des Zoll- und Handelsabkommens GATT gesehen. Diese hatten moniert, daß die CDU-Regierung das Wechselkurs-Risiko der Airbus großzügig abfedert. Der Staat gleicht Verluste bis zu einem Dollarstand von 1,60 Mark aus. Darunter trägt Daimler das Risiko allein.
Sigrun Nickel
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