Ökologische Straßenräuber

■ Krause und Waigel planen die Einführung einer Gebühr für die Benutzung von Autobahnen

Ökologische Straßenräuber Krause und Waigel planen die Einführung einer Gebühr für die Benutzung von Autobahnen

Die Bonner Koalition hat Deutschlands Autofahrer und Autofahrerinnen als bevorzugte Opfer ihrer steuerpolitischen Raubzüge entdeckt. Das ist — ökologisch gesehen — ganz hervorragend. Denn Autofahren ist in diesem Lande eindeutig zu billig, nirgendwo wird die „Wohlstandslüge der Industriegesellschaft“ (Töpfer) so deutlich wie beim Benzinpreis. Fünf bis sieben Mark ökologischen und sozialen Kosten durch jeden verfahrenenen Liter Benzin steht nach wie vor ein Preis von 1,50 Mark an der Zapfsäule gegenüber. Auch mit dem vom Duo Krause und Waigel angekündigten Griff in die Tasche der Motorisierten wird das Autofahren nicht zu dem, was es ökologisch ist: ein Luxus. Aber der Schritt weist in die richtige Richtung. Als Ökologe also erstmals ein dreifaches Bravo auf den Betonminister?

Warum nicht? Schließlich liegt der Analyse der koalitionären Straßenräuber offenbar die Einschätzung zugrunde, daß das gesellschaftliche Schuldbewußtsein der Autofahrer gewachsen ist, ihre Widerstandspotentiale gegen Steuererhöhungen damit sinken. Außerdem bieten die Vorschläge Krauses und Waigels eine Menge Ansatzpunkte für den vielzitierten ökologischen Umbau der Industriegesellschaft. Schwerlastabgaben und Autobahngebühren können in ihrer Verwendung zweckgebunden werden. Sie könnten nicht nur für die Stärkung der Bahn, sondern auch für den öffentlichen Nahverkehr eingesetzt werden. Auch die Mineralölsteuer muß nicht zwangsläufig für noch mehr und noch breitere Autobahnen eingesetzt werden, wenn denn das Bundestag und Bundesrat es anders wollen.

Die Aussichten dafür sind — zumindest auf dem Papier — gut. Der sozialdemokratischen Opposition müßten bei Waigels und Krauses Vorschlägen eigentlich die Augen leuchten. Die Koalition entlarvt sich als Verein von Steuerlügnern und drückt den Sozis auch noch den Hebel für ihren lang propagierten ökologischen Umbau der Autogesellschaft in die Hand.

Die SPD hat bekanntlich im Bundesrat eine komfortable Mehrheit. Sie müßte also zustimmen, wenn Finanzminister Waigel mit den Autofahrer- Milliarden nur die Löcher stopfen will. Nicht einmal ihre Wähler müssen die Sozis dabei belügen: Ihr Kanzlerkandidat Oskar Lafontaine bestritt schließlich seinen Wahlkampf auch mit der Forderung, die Mineralölsteuer für den ökologischen Umbau um 50 Pfennige zu erhöhen. Die Mehrheiten sind da, das Schuldbewußtsein der Autofahrer ist auch da, die Tür zu einem ökologischeren Verkehrssystem steht einen Spalt weit offen. Es ist Zeit, daß in Bonn Politik damit gemacht wird. Hermann-Josef Tenhagen