Kuba peilt begrenzte Privatisierung an

Havanna (dpa) — Kuba beharrt künftig nicht mehr auf der „Unumkehrbarkeit“ des sozialistischen Prinzips vom Volkseigentum und öffnet damit theoretisch und unter bestimmten Bedingungen die Tür für die begrenzte Privatisierung von Staatsbesitz. Die Kommunistische Partei (KP) definiert sich nicht mehr an erster Stelle als marxistisch-leninistisch, sondern in der Tradition des kubanischen Freiheitshelden Jose Marti. Das sind zwei der wichtigsten Punkte der Verfassungsänderungen, die vom Volkskongreß in Havanna in der Nacht zum Sonntag verabschiedet werden sollten.

Nach den in der Nacht zum Samstag bekanntgewordenen Texten wird es in der abgeänderten Verfassung künftig heißen, Volkseigentum könne „privaten oder juristischen Personen übergeben werden“. Voraussetzung für eine solche Umverteilung seien die Zustimmung des Ministerrates und der Nutzen für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung des Landes.

Im Rahmen der seit Freitag beratenen Änderungen wurde auch der Besitz an Produktionsmitteln neu geregelt. Das Prinzip des Volkeigentums wird in Zukunft nur noch für die „grundlegenden“ Produktionsmittel gelten. Das Wort „grundlegend“ wurde neu in den entsprechenden Artikel aufgenommen. Die abgeänderte Verfassung erkennt darüber hinaus ausdrücklich den Besitz ausländischer Investoren an und gibt das Monopol des Staates im Außenhandel auf.

Die Neufassung der seit 1976 existierenden „Magna Carta“ bricht noch mit anderen alten Prinzipien und Formulierungen. Die KP sieht ihre ideologischen Wurzeln demnach künftig an erster Stelle in den Ideen des kubanischen Freiheitshelden Jose Marti und erst danach im Marxismus-Leninismus. Ausdrücklich wurde die Diskriminierung der verschiedenen Glaubensrichtungen verboten. Die Präambel wird nicht mehr die Passagen über die „brüderliche Freundschaft“ mit der ehemaligen UdSSR und über Kuba als „Teil der sozialistischen Weltgemeinschaft“ enthalten.

Wie erwartet, wurde die Einführung direkter und geheimer Wahlen zum Volkskongreß in der Verfassung festgeschrieben. Einzelheiten sollen bis Oktober in einem neuen Wahlgesetz ausgeführt werden. Fidel Castro wird in seiner Eigenschaft als Regierungschef das Recht erhalten, im Falle innerer Unruhen oder im Falle von Katastrophen den Notstand auszurufen. Schließlich soll ein „Nationaler Verteidigungsrat“ geschaffen werden, der das Land im Falle eines Krieges oder Notstandes führen soll.