Prostituiertenmorde aufgeklärt

■ Mann aus Wesel stellte sich der Polizei / „Wut auf Drogensüchtige“ als Tatmotiv

Die Morde an zwei drogenabhängigen Prostituierten am 10. und 11. Mai diesen Jahres in Bremen sind aufgeklärt, ganz überraschend und ohne wesentlche Beteiligung der Kripo. Der 32jährige Ralf W. aus einem kleinen Ort bei Wesel am Niederrhein stellte sich am vergangenen Freitag der Weseler Kriminalpolizei und gestand die Morde an den beiden Frauen.

„Aus Wut auf Drogensüchtige“ will der bisher noch nicht straffällig gewordene Ralf W. in zwei aufeinanderfolgenden Nächten die 23jährige Bianca Z. und die 22jährige Bettina A. mit einem Stilett erstochen haben.

Ohne besonderen Grund, so Ralf W. in der Vernehmung, sei er wenige Tage vor der Tat nach Bremen gekommen und habe sich in einem Hotel in Bahnhofnähe einquartiert. In der Nacht vom 9. auf den 10. Mai ließ sich der 32jährige Arbeiter in einem Taxi zum Drogenstrich in die Friesenstraße bringen. Nachdem er sich mit der Prostituierten Bianca Z. auf den Preis von 50 Mark geeinigt habe, seien die beiden im Taxi zurück zum Bahnhof und zum Auto des Beschuldigten gefahren. Bianca Z. habe ihn auf den Parkplatz Warteweg an der Julius-Brecht-Allee gelotst. Nach Darstellung von Ralf W. erzählte ihm Bianca Z. dort, daß sie drogensüchtig sei. Darauf hätte ihn eine unbändige Wut auf Drogenabhängige gepackt, und er habe Bianca Z. mit sechs Stichen in die Brust erstochen. Das Messer, ein Stilett, hatte Ralf W. nach seinen Angaben kurz zuvor am Bahnhof erworben, weil er immer ein Messer bei sich trage und sein eigenes vergessen habe.

In der darauffolgenden Nacht von Sonntag auf Montag fuhr Ralf W. erneut mit dem Taxi zum Drogenstrich in der Friesenstraße und traf auf Bettina H. Sie wies den Weg in einen Hinterhof der Contrescarpe. Auch diesmal, so Ralf W., habe er spontan einen Wutanfall bekommen und mit demselben Messer wie schon in der Vornacht auf die 22jährige eingestochen zu haben.

Nach dem zweiten Mord flüchtete Ralf W. nach Oldenburg und warf den blutverschmierten Schonbezug des Beifahrersitzes in eine Mülltonne. Auf dem Rückweg nach Wesel in Nordrhein-Westfalen wurde er in einen schweren Verkehrsunfall verwickelt. Ralf W. erlitt eine Verletzung am rechten Arm und wurde in ein Weseler Krankenhaus eingeliefert. Als er von seinem Arzt erfahren hatte, daß sein Arm steif bleiben würde, sei „sowieso alles verpfuscht gewesen“, gab er bei der Vernehmung an. Nach seiner Entlassung letzten Freitag stellte er sich umgehend der Weseler Kripo.

Staatsanwalt Frank Repmann teilte gestern auf einer Pressekonferenz mit, er habe „keinen Zweifel, daß hier ein echtes Geständnis vorliegt.“ Viele bisher nicht veröffentlichte Details aus den polizeilichen Ermittlungen würden mit den Aussagen von Ralf W. übereinstimmen. Seine „Wut auf Drogenabhängige“ begründete der Beschuldigte mit einem „Schlüsselerlebnis“, das der er bislang jedoch nicht näher beschrieb. „Wir hatten den Eindruck, drogenabhängige Menschen seien in den Augen von Ralf W. gar nicht so recht lebensberechtigt,“ meinte Staatsanwalt Repmann. Bisher gäbe es aber noch keine Anhaltspunkte, daß Ralf W. geistig nicht zurechnungsfähig sei; auschließen wollte der Staatsanwalt dies jedoch nicht. Silke Mertins