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Keine Fortschritte in Kambodscha

■ Trotz der Obstruktionspolitik der Roten Khmer hält die UNO am Friedensplan fest

Berlin (taz) — Schier unüberwindlich scheinen die Hindernisse im kambodschanischen Friedensprozeß. Die Roten Khmer weigern sich auch nach den jüngsten Gesprächen zwischen dem Chef der UNO-Übergangsverwaltung, Yasushi Akashi, und ihrem offiziellen Führer, Khieu Samphan, ihre Soldaten entwaffnen zu lassen.

Statt dessen verkündete ihr Rundfunksender dieser Tage wieder, sie wollten die Macht übernehmen, wenn sich die Übergangsregierung als unfähig erweisen sollte, ihre Aufgaben wahrzunehmen.

Mit ihrer Unterschrift unter den Friedensplan hatten die Roten Khmer ebenso wie die beiden anderen Gruppierungen der Widerstandskoalition und die Regierung unter Hun Sen im vergangenen Oktober einem Waffenstillstand und von der UNO überwachten Wahlen zugestimmt. In der Übergangszeit bis zu den für 1993 geplanten Wahlen sollte der aus Vertretern aller vier Parteien gebildete Oberste Nationalrat (SNC ) unter Leitung von Prinz Norodom Sihanouk gemeinsam mit der UNO- Übergangsverwaltung UNTAC das Land verwalten. Doch spätestens mit Beginn der zweiten Phase des Friedensplanes, der am 13. Juni beginnen sollte, wurden die von vielen geäußerten Zweifel an den Intentionen der Roten Khmer bestätigt.

Das Pariser Abkommen sieht vor, daß 70 Prozent der auf insgesamt 200.000 geschätzten Soldaten im Land demobilisiert werden sollen. Bislang haben aber höchstens 13.000 Soldaten der beiden anderen Widerstandsverbände und der Regierungstruppen die Waffen niedergelegt.

Die Roten Khmer beschuldigen die UNO — ebenso wie ausländische Hilfsorganisationen — einer einseitigen Unterstützung der von den Vietnamesen eingesetzten Regierung Hun Sen. Sie werfen ihnen vor, der Regierung unter anderem durch die finanziellen Zuwendungen zum Budget und für die zerrüttete Infrastruktur einen weiteren Vorteil zu verschaffen. Die Regierung kontrolliert etwa 90 Prozent des Landes. Auf diese Vorwürfe hin hatte der UNTAC-Chef versichert, die Hilfen gleichbereichtigt auf die von den verschiedenen Gruppierungen kontrollierten Regionen verteilen zu wollen. Allerdings weigerten sich die Roten Khmer bislang, ihre Bücher offen zu legen und der UNTAC Zugang zu ihren Gebieten zu gewähren.

Tatsächlich leidet die Organisation Pol Pots und Khieu Samphans, unter deren Herrschaft zwischen 1975 und 1978 Hunderttausende umkamen und die in der Vergangenheit von China unterstützt wurde, nicht unter finanziellen Schwierigkeiten. Unterhält sie doch einen einträglichen Handel mit Tropenholz und Edelsteinen, der vor allem über die thailändische Grenze abgewickelt wird.

Die UNO ihrerseits sucht zu beweisen, daß sie trotz aller Schwierigkeiten — die auch in ihrer eigenen umstrittenen Effektivität liegen — an dem Friedensplan festhalten kann. Sie begann in der vorvergangenen Woche, ungeachtet der Proteste von Seiten der Regierung Hun Sens, die ihr aufgetragenen Überwachungsaufgaben innerhalb der zivilen Verwaltung zu übernehmen. Künftig sollen UNTAC-Beamte „direkte Kontrolle“ über das Außenministerium, die öffentliche Sicherheit und das Informationsministerium ausüben — letztere sind Schlüsselbereiche für den Aufbau einer Struktur, die eine Vorbereitung der Wahlen ermöglichen sollen.

Bei der Kambodscha-Hilfskonferenz in Tokio im Juni hatte es nicht an Kritik an der Obstruktionspolitik der Roten Khmer gefehlt. Doch zur Frage möglicher Sanktionen gegen die Gruppierung blieben die Stimmen vage, wenn auch Akashi nun ankündigte, den UNO-Sicherheitsrat einschalten zu wollen. Eine militärische Option müßte durch dieses Gremium beschlossen werden. Ob sich die chinesischen Vertreter aber entschließen könnten, einen entsprechenden Schritt mitzutragen, ist fraglich. Und ein Handelsembargo gegen Holz und Edelsteine aus Rote- Khmer-Gebiet müßte vor allem von Thailand durchgesetzt werden. Doch es sind vor allem die thailändischen Militärs, die beste Geschäftskontakte mit der Organisation Pol Pots und Khieu Samphans pflegen. Jutta Lietsch

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