„Totengräber Krause“

■ Umweltschutzverbände machen mobil gegen den Verkehrswegeplan/ Morgen Entscheidung im Kabinett

Bonn (taz) — Wird die Verkehrspolitik das Wackersdorf der 90er Jahre? Das kündigte jedenfalls der BUND- Vorsitzende Hubert Weinzierl an, der gestern in einer Gemeinschaftsaktion mit dem Verkehrsclub Deutschland (VCD), dem Naturschutzbund (NABU) und dem Deutschen Naturschutzring (DNR) den Bundesverkehrswegeplan heftig kritisierte. Die Verbände forderten den Rücktritt von Verkehrsminister Günther Krause, der sein Konzept morgen im Kabinett verabschieden lassen will. Über 11.000 zusätzliche Straßenkilometer „vordringlichen Bedarfs“ sind darin vorgesehen. Die Umweltverbände: „Da erfahrungsgemäß jede neue Straße zusätzlichen Autoverkehr anlockt, macht sich Krause zum Totengräber des Klimaschutzes.“

Jeder Autobahnkilometer, so NABU-Sprecher Jochen Flosbarth, steht den Zielen der Rio-Konferenz entgegen. Die von der BRD angekündigte CO2-Reduzierung um 25 bis 30 Prozent sei angesichts dieser Verkehrsplanung völlig unhaltbar. Für Weinzierl zeigt sich an der Verkehrswegeplanung erneut, daß die Umwelt letztlich doch immer hinter den wirtschaftlichen Interessen zurückstehen müsse. Rainer Graichen, VCD-Vorsitzender, wies zurück, daß der Straßenausbau der Infrastrukturentwicklung in den neuen Ländern zugute käme: Zwei Drittel der Investitionen gingen in die alten Bundesländer. Als „schlichtweg dreist“ bezeichneten die Verbände Krauses Behauptung, die Ausgaben für den Schienenverkehr lägen erstmals höher als die für die Straße. Tatsächlich seien nur 41 Prozent für den Schienenausbau und 59 Prozent für Fernstraßen vorgesehen.

Kritisch bewerteten die Umweltverbände die am Wochenende bekanntgewordenen Vorschläge Krauses zur Verteuerung des Autofahrens. Eine drastische, schrittweise vollzogene Anhebung des Benzinpreises auf vier oder fünf Mark wird von ihnen seit langem gefordert. Krauses geplante Autobahngebühr wird von VCD und NABU verworfen, weil sie unabhängig von realer Kilometerleistung und Benzinverbrauch erhoben wird. tib