Stefan Heym zusammengeschlagen

■ Der Schriftsteller wurde offenbar wegen seines Engagements für die „Komitees für Gerechtigkeit“ angegriffen

Berlin (dpa/taz) — Der Schriftsteller Stefan Heym ist am Sonntag abend im Kölner Domhotel von einem Unbekannten offenbar aus politischen Gründen wüst beschimpft und zusammengeschlagen worden. Der 79jährige, Mitunterzeichner des Appells zur Gründung von „Komitees für Gerechtigkeit“, mußte wegen einer Platzwunde unter dem linken Auge in einem Krankenhaus behandelt werden.

Der Publizist hatte mit seiner Ehefrau im Restaurant des Hotels gesessen, als ein Gast ihn anpöbelte. Nach Aussagen von Zeugen fielen dabei Äußerungen wie „Drecksäue“, „Verbrecherbande“ und „Euch sollte man den Schädel einschlagen“. Wenig später warf der Unbekannte den Tisch um und schlug Heym mit den Fäusten ins Gesicht. Er konnte flüchten. Zwei Begleiter sagten, er lebe in den USA und habe einen deutsch klingenden Namen.

Nach Angaben der Gründungsinitiative der „Komitees für Gerechtigkeit“ ist dem attackierten Publizisten kein Gast zu Hilfe gekommen. Auch habe eine Beschwerde beim Hotelmanager vor dem tätlichen Angriff nicht dazu geführt, daß der Mann aus dem Restaurant verwiesen wurde. Die Hotelleitung bestätigte den Vorfall, machte aber keine genaueren Angaben zum Ablauf. Heym sei am Morgen abgereist.

PDS-Chef Gregor Gysi und Peter- Michael Diestel (CDU), beide wie Heym Unterzeichner des Appells, nahmen die Nachricht „mit großer Empörung und Erschütterung“ zur Kenntnis. Er frage sich, was das für Männer seien, die auf einen 79jährigen einschlügen, nur weil sie unfähig seien, sich mit ihm politisch auseinanderzusetzen, sagte Gysi. Heym sei „ein Mann, der den gleichen Mut in der Nazizeit, in der DDR-Zeit und bis heute bewies, und es ist wohl das Unerschrockene und Unbestechliche an ihm, das den Haß einiger Leute gegen ihn nach sich zieht“. Ein Land, „in dem Menschen ihre Schriftsteller zusammenschlagen, verbreitet gleichermaßen Gefahr, Angst und Unbehaglichkeit“.

Für den Bundesvorstand der Grünen erklärte Christine Weiske, es sei in Ost- und Westdeutschland offenbar schon wieder so weit, „daß Menschen wegen ihres politischen Engagements und wegen ihrer Meinung, die für andere unbequem ist, zusammengeschlagen werden“. Heym habe sich von Anfang an gegen den Anschluß der DDR an die Bundesrepublik gewehrt, er habe sich seine politische Überzeugung nicht abkaufen lassen. Daß es möglich war, ihn anzugreifen und unerkannt zu flüchten, zeige, „daß es neben den Tätern mittlerweile auch wieder das schweigende Umfeld gibt, das zuschaut und so den Ewiggestrigen erst ihre Übergriffe ermöglicht“. wg