Geisterbeschwörung

PRO: H. H. MOLDENSCHARDT

Geisterbeschwörung

Mein Eindruck ist, daß die Angriffe gegen Frau Goehler sich nicht so sehr gegen wirkliche Mängel ihrer Amtsführung richten — da mag es wie überall Konfliktpunkte gegeben haben —, sondern daß sich in der Rücktrittsforderung ein Unmut Ausdruck verschafft, der Züge einer Geisterbeschwörung trägt. Nur: Was soll beschworen oder ausgetrieben werden?

Wenn es an Frau Goehler etwas zu kritisieren gibt, dann kann man Argumente vorbringen. Solange der glaubhafte Beweis nicht erbracht wird, daß sie für dieses Amt ungeeignet ist, kann ich überhaupt nicht verstehen, warum sie zurücktreten soll. Denn die ominöse Kompetenzfrage verkennt den wesentlichen Charakter unserer Präsidialverfassung, der zufolge ein Präsident oder eine Präsidentin eben kein symbolisches Amt innehat, sondern eine Art Management- Amt. Das heißt natürlich auch, daß Frau Goehler mit den bestehenden Gruppierungen im Hause in Austausch und damit eben auch in Widerstreit geraten kann und muß, so wie ihr Vorgänger Carl Vogel mit Gruppierungen im Hause mehr oder weniger heftigen Streit hatte. Das machte ihn nicht ungeeignet für das Präsidentenamt.

Hier geht es um einen zielbewußten, aber im Grunde blinden Angriff gegen eine Person. Hier wird nicht das behauptete Unverständnis dieser Person für „Kunst“ nachgewiesen, sondern ein offenbar höchst gefährdetes Selbst-Verständnis abreagiert.

Seitdem ich Vizepräsident bin und Frau Goehler aus der Nähe kenne, kann ich nicht verstehen, wie man behaupten kann, man könne mit ihr nicht reden. Sie mag ja eine durchaus ausgeprägte eigene Meinung haben, aber man kann sie durchaus zum Zuhören bringen. Ich weiß nicht, woran es liegt, daß das von einigen für hoffnungslos gehalten wird.

Und das eben halte ich für eine Projektion. Das Beharren darauf,

1den Konflikt auf die Spitze zu treiben, droht in eine Selbstlähmung der Hochschule auszuarten, deshalb kann ich meine an sich gebotene Neutralität in diesem Streit kaum noch aufrechterhalten. Wir sollten uns miteinander und gegeneinander auseinandersetzen, aber das kann nur über einen Minimalkonsens an Rationalität erfolgen, und nicht mit solch massiven und obendrein pauschalen Vorwürfen.