Ein Raumschiff, gestrandet zu Köln

Geht der Medienboom am „Mediapark“ vorbei?  ■ Von Ejo Eckerle

Ein Bild, wie bestellt für die versammelten Fotografen: Zwei seriöse Herren stehen mit bis an die Knie hochgekrempelten Hosen im Wasser und schütten einen Plastikeimer aus, in dem sich winzige Fische tummeln. Die beiden Männer sind Geschäftsführer eines Millionenunternehmens, der Mediapark Gesellschaft Köln (MPK).

Dort, wo bis 1984 noch die Gleise des Kölner Güterbahnhofs lagen, entsteht derzeit, so die vollmundige Ankündigung der MPK, „der Citystandort für die Medien- und Telematikwirtschaft“. 200.000 Quadratmeter Fläche sind in die gesamte Planung einbezogen worden. Die Stadt Köln und das Land Nordrhein-Westfalen haben sich mit je 25,1 Prozent an der Entwicklungsgesellschaft beteiligt und werden seit dem ersten Spatenstich am 30.März 1990 nicht müde, die Werbetrommel für das ehrgeizige Projekt zu rühren. Jede sich bietende Gelegenheit wird genutzt, um die Presse auf das Gelände zu locken, und sei es nur, um die „Belebung“ des künstlich angelegten Sees mit 750 Fischen zu feiern.

Den Rummel scheinen die Verantwortlichen bitter nötig zu haben, sagen die Kritiker, allen voran die Fraktion der Grünen im Kölner Rat. Das Prestigeobjekt komme nicht voran, außer ein paar Sandhügeln werde nicht viel bewegt. Die Kritik setzt vor allem am sogenannten Nutzungskonzept an. Der Mediapark sollte, so die kühnen Visionen seiner Väter, eine Symbiose aus Medienbranche, Telematikindustrie, Kultur und Forschung werden, hier sollten Film- und Fernsehproduzenten ihre Arbeitsstätten finden, TV-Studios ihren Betrieb aufnehmen. Eine Idee, die durchaus Sinn macht. Köln ist dabei, sich zum vierten, entscheidenden Medienstandort in der Bundesrepublik zu mausern. Neben dem WDR, der Deutschen Welle und des Deutschlandfunks senden von hier aus RTLplus, Kanal4 und ab Frühjahr nächsten Jahres VOX, der Westschienenkanal. Doch gerade der baut sein Hauptquartier nicht in der geplanten Medienstadt, sondern in einer Randlage Kölns, im Stadtteil Ossendorf. Noch völlig offen ist, wo RTL2 seinen Sitz mit rund 100 vorgesehenen Beschäftigten nehmen wird. RTL-Geschäftsführer Helmut Thoma gibt sich gewohnt zweideutig: „Er kommt fast sicher nach Nordrhein-Westfalen.“ Im übrigen sei der Mediapark ein interessantes Objekt, nur die Preise würden halt nicht stimmen. Dem scharfen Rechner sind auch 45 Mark Miete für einen Quadratmeter Bürofläche zu viel. Selbst in Spitzenlagen Kölns werden nicht mehr als 38 Mark bezahlt. Man sei im Gespräch, aber noch nicht handelseinig, lautet die Auskunft der MPK-Geschäftsführung zum RTL-Deal. Pikanterweise lassen aber jetzt sogar die politischen Gründer ihr Ziehkind im Stich. In Absprache mit dem Finanzministerium entschied sich NRW-Wissenschaftsministerin Anke Brunn dafür, die neue Kunsthochschule für Medien nicht im Mediapark zu errichten — aus Kostengründen.

Als sich bei der MPK die Erkenntnis durchsetzte, daß Großinvestoren wenig Neigung zeigen, in das Projekt einzusteigen, entdeckte sie den sogenannten „innovativen Mittelstand“. Schließlich verdienen rund 200 Film-, Fernseh- und Videoproduktionsfirmen sowie knapp 20 Ton- und Musikstudios in der rheinischen Metropole ihr Geld. Mit Kredithilfen der Kölner Bank sollte ihnen eine Ansiedlung im Mediapark schmackhaft gemacht werden. Mit Erfolg?

„Das kann man noch nicht abschließend beurteilen“, so die Geschäftsführerin des Verbandes der Fernseh-, Film- und Videowirtschaft NRW, Monika D'Allessandro. Ihr Eindruck sei, die MPK-Geschäftsführung gebe sich große Mühe, den interessierten Produzenten entgegenzukommen, was nichts anderes bedeutet, als daß offensichtlich an Preisnachlässe für die Mieten gedacht ist.

Mitten auf dem riesigen Gelände erhebt sich wie ein gestrandetes Raumschiff der Cinedom, das gigantische Multiplexkino der Constantin/ Warner GmbH, die bislang einzige sichtbare „Medienkomponente“. Doch Gabi-Ellen Sattler, der Projektmanagerin, ist nicht ganz wohl in ihrer Haut: „Wir beobachten mit Grausen, daß ringsrum nichts nachkommt.“ Sie sieht die Gefahr, daß der Mediapark zu einer durchschnittlichen Bürostadt degeneriert für Unternehmen, die wirklich Geld haben, wie Versicherungen und die Elektronikbranche. Immerhin hätte letztere auch noch etwas mit Medien zu tun.