Israels Armee belagert Westbank-Universität

Tel Aviv (taz) — Die palästinensische An-Najah-Universität in der Westbank-Stadt Nablus wird seit vorgestern von der israelischen Armee belagert. Die Soldaten überraschten die Studenten dort am Dienstag morgen während des Universitätsbetriebs und riegelten den Campus völlig ab. Nach ersten Angaben der Militärs waren rund 200 Studenten eingeschlossen, mittlerweile haben sie eingeräumt, daß es sich um über 2.000 Menschen handelt. Die Palästinenser sollen die Uni nur verlassen dürfen, wenn sie sich Leibesvisitationen und Identitätsüberprüfungen unterziehen. Die Studenten lehnen dies ab.

Die Militärs rechtfertigen die Einsperrung damit, daß sich zehn angeblich bewaffnete Palästinenser in der Uni versteckt hätten. Dienstag früh war ein 21jähriger bewaffneter Palästinenser in der Nähe des Campus festgenommen worden. Doch zur gleichen Zeit waren auch die Wahlergebnisse für den Studentenrat bekanntgegeben worden: Die mit der PLO verbundene Liste gewann alle Sitze.

Als die Angehörigen der Eingeschlossenen sich Dienstag nacht aus Protest vor der Uni versammelten, gaben die Soldaten Warnschüsse in die Luft ab. Nach Angaben des „Roten Halbmondes“ wurden in der Umgebung des Campus mehrere Personen durch Schüsse israelischer Militärs verletzt. In Nablus und Umgebung wurde eine Ausgangssperre verhängt und die Region zum militärischen Sperrgebiet erklärt. Damit ist auch Journalisten die Einreise in das Gebiet verwehrt.

Seit vorgestern versuchen Feisal Husseini, Saeb Erekat und andere palästinensische Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens im Konflikt zu vermitteln. Doch der Militärgouverneur der Stadt Nablus hat es bislang abgelehnt, mit den Vermittlern zu sprechen oder entsprechende Petitionen entgegenzunehmen. Als die Belagerung begann, befanden sich rund dreitausend Studenten und mehrere hundert Universitätsangestellte auf dem Campus. Nach den Angaben der Studenten sind es jetzt noch etwa 2.600 Personen. Die übrigen haben sich offenbar den Bedingungen der Militärs gebeugt und den Campus verlassen können.

Vor dem Erziehungsministerium in Jerusalem, das seit zwei Tagen von der Oppositionspolitikerin Shulamit Aloni geleitet wird, fand gestern bereits eine kleinere israelische Protestversammlung gegen die Einsperrung statt. Für gestern abend planten Israelis und Araber eine Demonstration vor dem Gebäude der Arbeitspartei in Tel Aviv. Amos Wollin