Unterm Strich

Margarete Mitscherlich-Nielsen, die zu den bedeutendsten Psychoanalytikerinnen und Feministinnen der Nachkriegsgeschichte zählt, feiert heute ihren 75.Geburtstag. Die promovierte Medizinerin, die auch Kunst, Kunstgeschichte und Sprachen studiert hat, absolvierte in den fünfziger Jahren eine Ausbildung zur Psychoanalytikerin in Stuttgart, Heidelberg und London, wo sie auch mit Anna Freud, Paula Heimann und Melanie Klein zusammentraf.

Gemeinsam mit ihrem Mann Alexander Mitscherlich, mit dem sie unter anderem in dem von ihm gegründeten Frankfurter Sigmund-Freud-Institut arbeitete, gab sie 1967 „Die Unfähigkeit zu Trauern“ heraus. Später wandte sie sich verstärkt feministischen Themen zu, mit Beiträgen, die unter Frauenrechtlerinnen umstritten sind. Ihr wohl erfolgreichstes Buch ist „Die friedfertige Frau“ von 1985. Die von ihrem Mann gegründete Fachzeitschrift Psyche wird von ihr herausgegeben.

Das umstrittene neue Theaterstück des Dramatikers Rolf Hochhuth, „Wessis in Weimar“, wird nun doch aufgeführt. Unter der Regie von Einar Schleef sollen die „Neun Satiren aus einem besetzten Land“, in denen auch die Ermordung des Treuhand-Chefs Detlev Karsten Rohwedder im vorigen Jahr thematisiert wird, im Januar 1993 im Berliner Ensemble inszeniert werden. Auch andere Theater bereiten Inszenierungen vor, informierte der Rowohlt Verlag, in dem die Buchfassung erscheinen wird. Offenbar hat die Diskussion um Hochhuths streitbare Äußerung gegenüber dem manager magazin vom Mai des Jahres („Wer so etwas wie Rohwedder tut, sollte sich nicht wundern, wenn er erschossen wird“) die Theater nun doch nicht abgeschreckt, wie der Dramatiker zunächst befürchtete.

Der mit 20.000 Mark dotierte Kranichsteiner Literaturpreis geht in diesem Jahr an den deutschen Schriftsteller Ludwig Fels. Der in Wien lebende Autor erhält die Auszeichnung des Deutschen Literaturfonds für sein Buch „Der Himmel war eine große Gegenwart. Ein Abschied“, teilte die Organisation in Darmstadt mit. Der Preis wird am 29. September im Jagdschloß Kranichstein bei Darmstadt verliehen.

Ob sich Talent oder Genie in Gehirnwindungen oder Gehirnzellveränderungen niederschlägt, ist eher fraglich. Zumindest der Neuropathologe Prof.Jorge Cervos-Navarro vom Berliner Universitätsklinikum Steglitz ist skeptisch. Auf dem seit Mittwoch in Berlin tagenden 9. Europäischen Kongress für Neuropathologie, an dem 400 Experten aus West- und Ost-Europa teilnehmen, äußerte er, daß auf neuronaler Ebene Talent wohl nicht gezeigt werden könne. Wer hätte das gedacht?

Vom Bundespräsidenten ist am Mittwoch der 28. InternationaleKongreß für Kunstgeschichte in Berlin eröffnet worden. Knapp 3.000 Teilnehmer aus 43 Ländern werden sich im Internationalen Congress Centrum (ICC) noch bis Montag mit dem Thema „Künstlerischer Austausch“ beschäftigen.

In einer Ausstellung des Kölner Fotografen Benjamin Katz sind derzeit im Kasseler Palais Bellevue die Entstehungsgeschichte und der Aufbau der diesjährigen documenta rekonstruiert.