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Aus für die CD-Verleiher?

■ In Hamburg regt sich Widerstand gegen eine geplante EG-Richtlinie / Platten-Hersteller sollen Vermietung ihrer Produkte verbieten dürfen

gegen eine geplante EG-Richtlinie / Platten-Hersteller sollen Vermietung ihrer Produkte verbieten dürfen

Musik-Fans schätzen sie als günstige Alternative zum teuren Erwerb des Hörvergnügens, der Musikindustrie hingegen ist sie ein Dorn im Auge: Die Vermietung der Compact Discs (CD) in CD-Verleihstellen oder Videotheken. Doch damit könnte es bald vorbei sein. Im Zuge der Einrichtung des europäischen Binnenmarktes, der am 1. Januar 1993 in Kraft tritt, erarbeitet das Europäische Parlament eine Richtlinie, die der Billig-Weitergabe der Schallplatten-Nachfolger einen Riegel vorschieben würde. In Hamburg regt sich jetzt dagegen Widerstand. Mit Untschriftenlisten und rechtlichen Schritten wollen einige der unzähligen Anbieter den EG-Vorstoß stoppen.

„Wir haben bereits einen Anwalt in Brüssel eingeschaltet, der unsere Einwände gegen die Einschränkung des Vermietrechts in den entsprechenden Gremien vorbringen soll“, erzählt Kai Fröhlich, Betreiber eines CD-Verleihs in der Grindelallee und in der Hansestadt der Hauptinitiator der Protestaktion. Eingebettet ist das ganze in eine bundesweite Initiative, die von drei Berufsverbänden ausgeht: dem ITV (Interessenverband der CD-Vermieter), dem IVD (Interessenverband der Videothekare) und dem BCDV, einem kleineren Zusammenschluß von CD-Verleihern.

Schon seit Jahren tobt ein Kampf zwischen den Herstellern von Tonträgern und den Vermietern der robusten Scheiben. Die Musikindustrie fühlt sich durch die Weitergabe um Millionen-Beträge geprellt. Denn wer das Machwerk für ein bis drei Mark pro Tag ausleiht, kopiert es zuhause auf Cassette, statt den Venyl-Ersatz zum stolzen Preis von rund 30 Mark zu erwerben. Fünf bis acht Millionen Mark pro Jahr gehen der Branche auf diesem Wege flöten, schätzt Martin Schäfer vom Bundesverband der Phonographischen Wirtschaft, der seinen Sitz in Hamburg hat. Über diesen Verlust tröste auch nicht die Tatsache hinweg, daß die CD-Verleiher Gebühren an die GEMA abführten. Diese Schutzgemeinschaft treibe nur Tantiemen für Komponisten und Textdichter ein, so Schäfer weiter, die Plattenfirmen und Interpreten gingen dagegen leer aus.

Bis zum Bundesverfassungsgericht zogen die Soundtrack-Multis schon, um die lästigen Läuse aus ihrem Pelz zu entfernen. Doch die Robenträger gaben den CD-Verleihern Recht. Begründung: Bei einem Privatkauf könne die Weitergabe auch nicht verhindert werden. Die Bundesrepublik bleibt damit vorerst neben Italien, Irland, Holland und Frankreich eine der wenigen Inseln in der EG, auf der der CD- Verleih vorerst noch möglich ist. Doch im Rahmen der Vereinheitlichung im EG-Binnenmarkt-Gefüge soll nach einer Übergangsfrist bis Mitte 1994 wie in den übrigen Ländern ein Verbotsrecht der Hersteller eingeräumt werden. Das heißt, die Dudel-Branche dürfte künftig die Vermietung ihrer Produkte untersagen.

Die reinen Video-Vermieter blieben im übrigen von diesem Verleih- Hickhack weitgehend unberührt. Der Grund: Durch die Verwertung der Filme in Kinos und im Pay-TV fließt genug Geld in die Kassen der Anbieter. Etwaige Streitigkeiten kochen auf kleiner Flamme. Sigrun Nickel

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