Pauschalen statt Sozi-Papierkrieg

■ „Solidarische Hilfe“: Wie man die Sozialhilfeleistungen vereinfachen könnte

Die Solidarische Hilfe will den Verwaltungsaufwand in den Sozialämtern vereinfachen. Statt der einmaligen Beihilfen für Kleidung, Hausrat und andere Anschaffungen, die Sozialhilfeempfänger jeweils umständlich beantragen müssen, schlägt der Selbsthilfeverein vor, eine monatliche Pauschale in Höhe von 20 Prozent des Eckregelsatzes einzuführen. Der liegt derzeit bei 511 Mark. So bleibe den Berechtigten viel umständlicher Papierkram und den Behörden eine Menge Bearbeitungsaufwand erspart, meint Herbert Thomsen von der Solidarischen Hilfe. Jede Verbilligungskarte für die Bremer Straßenbahn verursacht im Amt für soziale Dienste derzeit 50 bis 60 Mark Verwaltungskosten, hat Thomsen errechnet.

Billiger und einfacher wäre es nach Meinung des Vereins, allen Sozialhilfeberechtigten einen Zuschuß von 30 Mark zur Bremer Karte zu zahlen.

Seit sich im Amt für Soziale Dienste durch Personaleinsparungen die Zahl der Fälle pro SachbearbeiterIn erhöht hat, nehmen die fehlerhaften Sozialhilfebescheide zu, hat der Selbsthilfe- Verein beobachtet. Um die SachbearbeiterInnen in den Sozialämtern zu entlasten und eine bessere Beratung der AntragstellerInnen zu erreichen, könne man unnötigen Verwaltungsaufwand einsparen.

Sozialhilfeempfänger müssen Kindergeld erst mühsam bei der Kindergeldkasse beantragen, um dann beim Sozialamt ein zweites Formular auszufüllen, damit das Kindergeld auf die Sozialhilfe angerechnet wird. "Völlig unnötig", meint Herbert Thomsen. Diese „Nullsummengänge“ bringen den SozialhilfeempfängerInnen keinen Pfennig mehr oder weniger, sondern bedeuteten unnötige Arbeit für Ämter und Antragsteller. Thomsen schlägt vor, das Kindergeld analog zum Wohngeld pauschal von der Kindergeldkasse an das Amt für Soziale Dienste zu überweisen. Das Kindergeld könnte dann ohne große Umwege mit der Sozialhilfe verrechnet werden.

Für Wohnungen mit Zentralheizung wird zur Zeit noch jede Heizkostenabrechnung Pöstchen für Pöstchen im Amt für Soziale Dienste überprüft. Ein schneller Sachbearbeiter benötigt dafür ungefähr eine Stunde, schätzt Thomsen. Auch hier schlägt der Verein vor, analog zum Gas pauschal abzurechnen.

Durch die Pauschalen hofft der Verein einerseits die Ämter zu entlasten und Verwaltungskosten einzusparen, andererseits kämen dadurch auch diejenigen SozialhilfeempfängerInnen in den Genuß zusätzlicher Leistungen,die vor dem Papierkrieg zurückschrecken, meint Thomsen. Zwar könnten „besonders fixe Beantrager, die wissen, wie man das macht, durch die Pauschalen etwas benachteiligt werden“, aber der breiten Masse, die vor Behördengängen zurückscheut, sei geholfen.

Die Pauschale von etwa 100 Mark monatlich entspricht laut Thomsen dem bundesweiten Durchschnitt einmaliger Beihilfen, die SozialhilfeempfängerInnen derzeit erhalten. Für Anschaffungen, die unter einmalige Beihilfen fallen, führt das Sozialamt Preislisten, in denen festgelegt ist, daß ein Kaffeeservice nicht mehr als 72 und ein Kühlschrank höchstens 280 Mark kosten darf.

Auch diesen Aufwand könnte sich das Amt durch Einführung der Pauschalen sparen. Ebenso zweifelt Thomsen am „erzieherischen Wert“ von Kostenübernahmescheinen, die Sachbearbeiter ausgeben, wenn sie den Verdacht haben, daß sich der Antragsteller statt eines Wintermantels für die einmalige Beihilfe lieber drei Kästen Bier kaufen will. Die Scheine würden mittlerweile gehandelt.

Die MitarbeiterInnen der solidarischen Hilfe sind bereit, sich mit VertreterInnen aus dem Amt für Soziale Dienste zusammenzusetzen, um über eine Vereinfachung der Verwaltungspraxis zu reden. Die Sparvorschläge dürften in den Ämtern keinesfalls zu weiteren Einsparungen führen, betont Thomsen. Er erhofft sich davon mehr Ruhe für die Beratung und „vernünftigere Sozialhilfebescheide“. Diemut Roether