Wie Radfahrer im Straßenverkehr sterben

■ SeniorInnen sind laut Statistik extrem gefährdet: Fahren bei „Rot“ häufigste Unfallursache

Die Zahl der tödlichen Verkehrsunfälle mit RadfahrerInnen hat in Bremen rapide zugenommen: In diesem Jahr starben bereits sechs RadfahrerInnen im Straßenverkehr. „Bei uns klingeln alle Alarmglocken“, sagte gestern Helmut Elbrecht, Leiter der Verkehrsabteilung der Bremer Polizei.

Insgesamt gab es im ersten Halbjahr 1992 in Bremen elf Unfälle mit tödlichem Ausgang — der Anteil der RadfahrerInnen liegt also bei über 50 Prozent. Und: „Es sind immer die gleichen Opfer“, so Elbrecht. Vier der sechs tödlich verunglückten RadlerInnen waren über 75 Jahre alt. Eine Entwicklung, die nicht neu ist: Auch die Opfer der vergangenen beiden Jahre — 1990 und 1991 starben jeweils vier RadfahrerInnen — befanden sich allesamt im Rentenalter. „Diese Personengruppe ist extrem gefährdet, besonders mit Blick auf die wenige Zeit, die ältere Menschen überhaupt im Straßenverkehr verbringen“, erklärte Elbrecht.

Dazu kommt, daß in fünf der sechs Fälle die Unfallschuld bei den RadfahrerInnen lag. Der häufigste Grund: Das Nichtbeachten einer roten Ampel. Die Polizei befindet sich auf Ursachensuche: „Viele ältere Menschen sind mit den einfachsten Regeln des Straßenverkehrs nicht vertraut, nur wenige haben einen Führerschein“, meinte Elbrecht. Weit entfernt sei man allerdings von der Forderung eines Führerscheins für RadlerInnen: „Vielfach ist es eine Frage der Selbsteinschätzung, ob man überhaupt noch am Verkehr teilnehmen kann. Mit 70 Jahren sollte man darüber schon mal nachdenken.“ Das Nachlassen der Reaktionsfähigkeit oder der Sehkraft sieht der Verkehrspolizist denn auch als wichtigste Ursache für den „Blutzoll, den diese Altersgruppe zu leisten hat.“

Überhaupt verhielten sich die SeniorInnen oft wie Kinder: „Sie gehen ohne zu gucken über die Straße und hoffen darauf, daß schon alles gutgehen wird“, so Elbrecht.

Fast alle der erwähnten Unfälle passierten an vielbefahrenen Hauptstraßen, an denen fleißig gerast wird. Besonders verhängnisvoll kann das Überfahren einer roten Ampel für eine Radlerin werden, weil AutofahrerInnen nochmal extra aufs Gaspedal treten, wenn sie von weitem eine grüne Ampel sehen: „Grünsog“ heißt dieses Phänomen. „Es ist kein Geheimnis, daß die Radfahrer insgesamt immer dreister werden“, erklärte Elbrecht, aber: „Die Gefahreneinschätzung und die Reaktionsfähigkeit steht bei Jüngeren noch in einem vernünftigen Verhältnis, wenn sie rote Ampeln ignorieren.“

Obwohl der Verkehr auf unseren Straßen immer heftiger tobt, ist in der ersten Jahreshälfte die Zahl der Radunfälle insgesamt zurückgegangen — von 610 im ersten Halbjahr 1991 auf 523 im vergleichbaren Zeitraum diesen Jahres. Und in der Gesamtstatistik zeigt sich, daß nur in 39 Prozent der Fälle die RadlerInnen selber schuld waren: Häufigste Unfallursache ist immer noch, daß AutofahrerInnen beim Rechtsabbiegen die geradeaus auf dem Radweg fahrende Radlerin übersehen. skai