Reichlich Spieler für 11 Positionen

■ Gerangel um Stammplätze bei Werder / Votava weiter Mannschaftskapitän

Otto Rehhagel gehört nicht zu den Träumern in der Fußballbranche. Ein Kader mit 22 Profis, das weiß der Trainer des SV Werder Bremen, hat nicht nur positive Seiten. Es wird im Lauf der Saison bestimmt auch Probleme geben mit den Spielern, die auf der Bank sitzen müssen. „Aber so ist das Geschäft eben“, sagte der 53jährige Trainer, im zwölften Jahr Chef an der Weser, nach dem jüngsten Test bei Rot-Weiß Essen. Dort hatte man schon sehen können: Der Konkurrenzkampf beim Europapokalsieger wird härter denn je.

Beim 3:1 im Trainingsspiel an der Essener Hafenstraße fehlten zum Beispiel Jonny Otten (Schulter), Günter Hermann (Knöchel), Uli Borowka (Innenbanddehnung) und Frank Neubarth (Polterabend). Dennoch saßen beim Anpfiff noch solch renomierte Spieler auf der Bank wie Marco Bode (22), mit zwölf Treffern bester Werder-Torschütze der vergangenen Runde, Uwe Harttgen (28), Shootingstar der vorletzten Saison, oder Stefan Kohn (26), hoffnungsvoller Neuzugang des Vorjahres. Die drei bekamen erst in der zweiten Halbzeit ihre Chance, als sie für die Routiniers Mirko Votava (36), Wynton Rufer (29) und Klaus Allofs (35) eingewechselt wurden.

In neue Spieler investierte der Bundesliga-Neunte des Vorjahres so viel Geld wie noch nie. Kein Wunder, daß Rehhagel sowohl Dietmar Beiersdorfer (für 2 Millionen Mark vom Hamburger SV) und Andreas Herzog (für 3 Millionen Mark von Rapid Wien) durchspielen läßt. Vor allem auf dem 23jährigen Österreicher ruhen die Hoffnungen der Bremer. Der 32malige Nationalspieler erinnert in seiner Spielweise an Norbert Meier, den letzten klassischen Regisseur, der bei Werder den Durchbruch geschafft hatte, der mit Rehhagel aber häufig im Streit lag, weil der Trainer Meier für zu deckungsschwach hielt.

Ähnliches gilt für Herzog: Der Wiener ist technisch sehr stark, offenbart allerdings Defizite in Tempo und Zweikampfverhalten. Daß er in diesen Bereichen besser werden muß, weiß er: „Ich muß mich in die Zweikämpfe reinhauen, ohne das geht es in der Bundesliga nicht.“ Für Otto Rehhagel, der die Transfers von Herzog und Beiersdorfer sorgfältig vorbereitet hat, ist es kein Thema, daß sich die beiden durchsetzen werden: „Es wäre ja schrecklich, wenn solche Leute auf der Bank sitzen würden.“

Sportlicher Erfolg ist in der nächsten Saison auch aus finanziellen Gründen erforderlich. Werder-Manager Willi Lemke erhöhte den Etat um drei Millionen Mark auf 15 Millionen Mark. „Wir haben ein bißchen mutiger geplant“, sagte Lemke, der höhere Fernseh-Honorare und Sponsorengelder ansetzen konnte. Die erste ernsthafte Bewährungsprobe erhält das neue Werder-Team morgen in Delmenhorst gegen den türkischen Pokalsieger Trabzonspor.

Einer ist allerdings seit Freitag einem Stammplatz ein Stück näher gekommen. Da wählten die Werder-Profis einstimmig den alten Mannnschaftskapitän Mirko Votava zum neuen. Stellvertreter wurden Rune Bratseth und Dieter Eilts. dpa