Kriegsflüchtlinge rein

Proteste gegen rigide deutsche Flüchtlingspolitik  ■ Von Bernd Siegler

Salzburg (taz) — Etwa 60 Personen demonstrierten am Samstag am Autobahngrenzübergang Salzburg auf beiden Seiten der Grenze gegen den „inhumanen Visumzwang für Kriegsflüchtlinge aus Bosnien- Herzegowina. Die DemonstrantInnen blockierten kurz den Verkehr, die genervten AutofahrerInnen bekamen Flugblätter überreicht. Die von den bayerischen Grünen und dem Flüchtlingsrat in Zusammenarbeit mit österreichischen Gruppierungen organisierte Aktion unter dem Motto „Grenzenlos friedlich — Grenzen auf“ soll noch ausgeweitet werden.

Die DemonstrantInnen protestierten gegen die „kaltschnäuzige Zurückweisung“ von Flüchtlingen, die über Österreich nach Deutschland einreisen wollen. Viele Flüchtlinge wurden deshalb erst vor wenigen Tagen aus Salzburg in andere österreichische Bundesländer umquartiert. Durch den bundesdeutschen Visumzwang sah sich Österreich gezwungen, seinerseits einen Visumzwang für Inhaber alter und neuer „jugoslawischer“ Pässe einzuführen. Mit ihrer „Politik der kalten Schulter“ habe die Bundesregierung „weltweit ein schlimmes Beispiel für Inhumanität“ geliefert, kritisieren die bayerischen Grünen. Nicht nur Österreich, sondern auch Ungarn, Slowenien und Kroatien hätten nun eine restriktivere Flüchtlingspolitik eingeschlagen.

Diese Inhumanität zeigt sich auch am Umgang mit einer bosnischen Mutter und ihrem Sohn, die aus bürokratischen Gründen am Wochenende im Betonunterstand für die Grenzabfertigung campieren muß. Die bundesdeutsche Grenzpolizei verweigert die Einreise, weil sie sich bei der zuständigen Ausländerbehörde rückversichern will. Die Frau besitzt jedoch ein gültiges Duldungsvisum des Landes Hessen. Sie ist auf der Rückreise von Sarajevo, wohin sie Lebensmittel gebracht hatte.

Erst am Freitag hatte die CSU- Mehrheit im bayerischen Landtag einen Dringlichkeitsantrag der Grünen niedergestimmt, mit dem an die Pflicht zur Hilfeleistung für Kriegsflüchtlinge erinnert werden sollte. Bayerns Innenminister Edmund Stoiber begründete die harte Haltung damit, daß man schließlich „Europa nicht aus der Verantwortung entlassen“ dürfe.