Trübe Kuriositäten und gesicherte Highlights

■ Beim Weltbeat-Festival im Stadtpark überzeugten nur die bekannten Stars Marisa Monte, Buddy Guy und Amampondo

im Stadtpark überzeugten nur die

bekannten Stars Marisa Monte, Buddy Guy und Amampondo

Über den ersten Tag des diesjährigen Weltbeat-Festivals im Hamburger Stadtpark sollte man schnell den (Regen)mantel des Vergessens legen. Wetter und künstlerische Beiträge präsentierten sich zu Beginn als trostlos-harmonische Einheit, es gab mehr Weltschmerz denn Weltmusik.

Die Boterekwa Dancers aus Zimbabwe konnten die rund 800 Zuschauer vor der Freilichtbühne ebensowenig erwärmen wie das chinesische Jin Long Ensemble. Der Regen hörte im Laufe des Nachmittags auf, wovon die ägyptisch-armenische Gruppe Anoosh als erste profitierte, denn ohne die Wetteränderung wäre deren nur milde arabisch klingender Durchschnittsfunk sicherlich auf weniger Wohlwollen gestoßen. Unter diesen Umständen war es für Marisa Monte ein Leichtes, die Highlights des Sonnabends zu setzen. Der 23jährige Star aus Brasilien hatte das Publikum vom ersten Ton an im Griff, und niemand machte Anstalten, sich aus diesem zu befreien. So süß und einschmeichelnd sang sie daher, dabei jedoch nie tralaladoof; eher kraftvoll und voluminös und leider dann und wann zu rockröhrig — so locker und leicht, die schwimmt sogar in Milch, dachte man. Gleiches galt leider nicht für ihre Begleitband, die des öfteren ein wenig zu hektisch daherkam; vor allem Special Guest Arto Lindsay, der Produzent ihres letzten Albums Mais. Der New Yorker No-Wave-Gitarrist verdarb den leckeren Cocktail aus Jazz und brasilianischer Volksmusik mit seinem effekthascherischen Gebratze, das die Mehrheit des Publikums unbeeindruckt ließ.

Am Sonntag herrschte dann eitel Sonnenschein, und es schien, als ob der Auftritt von Marisa Monte Signalwirkung gehabt hätte. Eine ausgelassene Stimmung machte sich unter den gut 2000 Zuschauern breit, die vielen Stände, an denen landestypische Speisen oder Schmuck angeboten wurden, wirkten nicht mehr wie bloße Dreingabe. Dies war sicherlich vornehmlich das Verdienst der Musikgruppen, die trotz ihrer unterschiedlichen Herkunft auf einer Wellenlänge lagen und dem Gedanken des Festivals damit sehr nahe kamen: Musik kann dazu beitragen, Grenzen zu überwinden.

Insbesondere die Konzerte der Whisky Priests und von Amampondo bildeten jeweils eine Einheit. Die Südafrikaner beeindruckten durch Spielfreude und ihre traditionelle, sehr rhythmische Musik. Bedauerlich war nur, daß der enge Terminplan nur sehr wenige Zugaben zuließ, der Spontaneität war diese zeitliche Begrenzung nicht sehr förderlich.

Höhepunkt und Abschluß des Festivals war zumindest von der Zuschauerresonanz der Auftritt der schwarzen Blueslegende Buddy Guy, der die zahlreich versammelten Mittdreißiger in reges Dauerwippen versetzte. Der 55jährige Gitarrist aus Chicago wußte, was gefordert war, und erzählte mit seinem Instrument die alten Geschichten des Blues, so wie man sie schon seit langem kennt. Dies solide und technisch beschlagen, doch der Auftritt wirkte etwas zu routiniert, zu professionell. Ohnehin wirkte Weltbeat 1992 wenig spektakulär, das Risiko war gering

1mit solch bekannten Stars wie Guy oder Monte. Vielleicht sollten die Organisatoren weniger Gruppen einladen und statt dessen die Workshops wiedereinführen, bei

1denen eine direkte Begegnungsmöglichkeit mit den Musikern bestand. Allerdings hatte man damals auch noch den dreifachen Etat zur Verfügung. Clemens Gerlach