Der Bausenator will keine Krücke

■ Umwandlungsbericht der Senatsbauverwaltung vorgestellt/ Berliner Mieterverein fordert Erhaltungssatzungen gegen die Umwandlung/ Nagel will lieber Bündnis der betroffenen Großstädte

Berlin. Das Land Berlin soll gegen die drohende Umwandlungswelle von Miet- in Eigentumswohnungen mit Hilfe von Erhaltungssatzungen vorgehen. Dies forderte gestern der Berliner Mieterverein anläßlich des neuen Umwandlungsberichtes der Senatsbauverwaltung (siehe Kasten). Nach einem Urteil der obersten Gerichte vom 30. Juni dürfen Altbauwohnungen leichter umgewandelt werden, deshalb befürchten Mieterorganisationen allein in Berlin 20.000 Umwandlungen in den nächsten zwei Jahren und eine darauf folgende Kündigungswelle (die taz berichtete). Die Bauämter der Bezirke werden seit dem Urteil von Anträgen auf die dazu nötige Abgeschlossenheitsbescheinigung überflutet, Tausende von Vermietern sprächen dort vor, ermittelte die Nachrichtenagentur AP in einer Umfrage. Berlin könne jedoch, so der Geschäftsführer des Mietervereins, Reiner Wild, in Altbaugebieten Erhaltungssatzungen erlassen. Danach ist es möglich, die Genehmigung zur Nutzungsänderung einer Wohnung zu untersagen, wenn damit sozialen Belangen Rechnung getragen werden kann. Zu den Nutzungsänderungen rechnet das Baugesetzbuch ausdrücklich die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen. Die Erhaltungssatzungen werden von den Bezirken aufgestellt und nach einem Jahr von der Stadtentwicklungsverwaltung festgesetzt.

Bausenator Wolfgang Nagel (SPD) sagte hingegen, die Erhaltungssatzung sei genauso eine Krücke wie die — von den obersten Gerichten verworfene — Verweigerung der Abgeschlossenheitsbescheinigungen. Nagel will statt dessen ein »Städtebündnis gegen Umwandlung« ins Leben rufen. Die betroffenen deutschen Großstädte sollen zu einer Tagung eingeladen werden. Außerdem unterstütze das Land Berlin einen Gesetzesantrag des Bundesrates, den Kündigungsschutz von derzeit maximal fünf Jahren auf sieben Jahre auszudehnen. Weitere Gesetzesvorschläge — etwa ein absoluter Kündigungsschutz für den Mieter, der zur Zeit der Umwandlung in der Wohnung wohnt — seien von der Bundesregierung allerdings bereits abgeschmettert worden. »Solange die FDP das Sagen hat, läuft für die Mieter nichts«, meinte Nagel.

Nagel wies darauf hin, daß umgewandelte Wohnungen häufig monatelang leerstünden. Hier seien die Bezirksämter gefordert, einzugreifen. Mieter sollten nicht in einer »Kurzschlußhandlung« und aus Angst vor einer Eigenbedarfskündigung ihre Wohnung übereilt kaufen, und sie sollten ihre Rechte wahrnehmen. Die Bauverwaltung gibt dazu ein Faltblatt heraus, das bei Mieterorganisationen und Bezirksämtern erhältlich ist. Eva Schweitzer