City-Ring-Gegner Pernkopf tritt aus der SPD aus

■ Sprecher des »Bündnisses Innenstadtring« von der Verkehrspolitik der SPD enttäuscht/ Räumung der Oberbaumbrücke ist der Anlaß/ Umwelt- und Bürgerinitiativen üben Kritik an der Partei/ Abgeordnete weist Angriffe zurück, bedauert aber Austritt

Berlin. Johannes Pernkopf, Sprecher des »Bündnisses Innenstadtring«, ist aus der SPD ausgetreten. Der Sprecher des Zusammenschlusses von 50 Stadtteilinitiativen schreibt in einem Brief an den designierten Kreuzberger Bezirksbürgermeister Peter Strieder, daß die polizeiliche Räumung der Oberbaumbrücke vor vierzehn Tagen für ihn den »point of no return« darstelle. Die Verkehrspolitik der CDU/SPD- Koalition sei so »blauäugig und peinlich«, daß dem Beobachter die passenden Worte fehlten. Die SPD habe zu wenig eigenes Profil gezeigt.

Pernkopf kritisiert insbesondere das Verhalten von Strieder. Die Entscheidung über die Vervollständigung des Innenstadtrings bedeute eine verkehrspolitische Weichenstellung. Dann aber reiche es nicht, daß der Kandidat für den Posten des Bürgermeisters sich verbal gegen den Ring ausspreche, aber weder an Aktionen noch Demonstrationen teilnehme. Pernkopf sieht seinen Platz jetzt außerhalb vorhandener Parteien.

Umwelt- und Verkehrsinitiativen sind über Pernkopfs Austritt nicht überrascht — auch dort ist die Enttäuschung über die »Profillosigkeit« der SPD in der Verkehrspolitik groß. Zwischen dem Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und der SPD habe es mehrere Gespräche gegeben, berichtet Klaus Polzin, Geschäftsführer des Umweltverbandes. Fraktionschef Ditmar Staffelt habe gemeinsam mit SPD-Abgeordneten immer wieder betont, zu welchen »erstaunlichen Kompromissen« seine Fraktion die CDU bewegt habe. An fortschrittlicher Verkehrspolitik sei aber bisher nichts umgesetzt worden, sagt Polzin. Die CDU habe dagegen ihre Vorstellungen durchgesetzt: Die Havelchaussee sei geöffnet, das Busspurnetz gekürzt und das Brandenburger Tor für Taxen und Busse nicht mehr gesperrt.

Auch über die Projekte, die der Verkehrssenator im Bundesverkehrswegeplan festgeschrieben hat, habe der BUND gestaunt. Beim Ausbau der Avus werde der Grunewald »angeknabbert«, in und um Berlin sollten 85 Kilometer Autobahn neu- und ausgebaut werden. Käthe Zillbach, verkehrspolitische Sprecherin der SPD, habe auf Kritik des BUND geantwortet, daß ihre Partei zu dem Plan weder gefragt noch von ihm unterrichtet worden sei. Für ihn sei das ein Grund, die Koalitionsfrage zu stellen.

Karl-Heinz Ludewig von der BI Westtangente wirft der SPD vor »herumzueiern«. Zillbach habe versprochen gehabt, daß ihre Partei weder der Westtangente noch einem Autotunnel unter dem Tiergarten zustimmen werde. Aber auch an anderen Punkten seien die Sozis »umgefallen«. Seinen Informationen nach habe die SPD bereits zugestimmt, bei 41 Straßen die Tempo-30-Regelung aufzuheben. Wolfram Däumel von der Fahrgastinitiative Berlin (FIB) bezeichnet es als »größten Unsinn«, daß die Busspur auf dem Kudamm zeitlich aufgehoben werden soll. Die Änderung von Verkehrsschildern und Markierungen koste Geld, ohne daß die Situation dadurch verbessert werde. Die beschlossenen zusätzlichen Busspuren von acht Kilometern Länge seien dagegen bisher nicht umgesetzt worden. Es sei bezeichnend für die SPD, daß sie ihre Versprechungen breche.

Käthe Zillbach teilt die Meinung der Kritiker nicht: »Die Leute kapieren nicht, daß wir nicht mehr die Mehrheit haben.« Pernkopfs Austritt bedauert sie. Er habe sich erwiesenermaßen für eine vernünftige Verkehrspolitik eingesetzt. Dirk Wildt