US-Import im Sturzflug

■ Auch "Manager" Milan Panic wird und kann den Krieg in Bosnien nicht beenden

US-Import im Sturzflug Auch „Manager“ Milan Panic wird und kann den Krieg in Bosnien nicht beenden

Das Angebot war verlockend. Milan Panic, US-Milliardär, ließ sich vor zwei Wochen zum jugoslawischen Premierminister küren. Denn der Traum hieß: Sollte es ihm gelingen, den Krieg in Bosnien zu stoppen, dann würde er als eine der schillerndsten Persönlichkeiten in die Balkangeschichte eingehen. Ein Chemiker, der nichts von Politik versteht, jedoch vom Geldverdienen, hätte das erreicht, was EG, UNO und die Kriegsparteien Ex-Jugoslawiens nicht bewerkstelligen können: Frieden schaffen! Ob der eitle Pharmakonzerndirektor von Anfang an wußte, dies würde nur ein Märchen bleiben, ist nicht die Frage.

Problematisch ist, daß manche westliche Politiker wie Bush und Mitterrand, aber vor allem die serbische Opposition, tatsächlich an das Märchen glaubten und Panic unterstützten. Dem Mann zuliebe drückte man bereits bei seiner Nominierung beide Augen zu, denn verfassungsrechtlich gesehen, konnte Panic gar nicht Premier Rumpf-Jugoslawiens werden. Zum einen war er bis vor einem Monat nur amerikanischer und nicht serbischer Staatsbürger, zum anderen darf in der serbisch- montenegrinischen Föderation, sprich Neu-Jugoslawien, kein Serbe Premier werden, wenn ein Serbe, wie im Falle Dobrica Cosic, bereits Staatspräsident ist.

Folgenschwerer ist jedoch das Ignorieren der neueren Balkangeschichte: Weder in Rumänien, noch in Bulgarien, Albanien oder Serbien schenkt die Mehrheit des Volkes „Emigranten“ Vertrauen, haben sie eine Chance, etwas zu verändern. Sie gelten schlicht als „Verräter“, die in der „schweren Stunde kommunistischer Herrschaft“ dem Vaterland den Rücken kehrten. So sagte das einmal der wirklich starke Mann Belgrads, Slobodan Milosevic. Dabei hob der Priestersohn Milosevic noch etwas hervor: seine guten Beziehungen, angefangen vom „Bauer bis zum General“. Beziehungen, über die Panic nie verfügen wird. Kein serbischer General würde mit Panic Tee trinken gehen.

Ein Umstand, über den man lachen kann, lebt man nicht auf dem Balkan. Doch schon das Schicksal des in Vergessenheit geratenen gesamtjugoslawischen Reformers Ante Markovic — in manchem ein jugoslawischer Gorbatschow — sollte zu denken geben. Vor vier Jahren machte er sich daran, Jugoslawien als Konföderation mit einem Mehrparteiensystem zu reformieren. Nur eines blieb unangetastet: die Herrschaftsstruktur der neokommunistischen Nomenklatura und die Militärhierarchie. Beide Schaltstellen der Macht schlugen aber zurück, kompromittierten die Reformen und zogen Markovic als Person ins Lächerliche.

Ebenso ergeht es nun Panic. Während er beim muslimischen „Todfeind“ Izetbegovic in Sarajevo ein Friedensangebot unterbreitet, schießen „seine serbischen Leute“ in die Stadt. Mit einen bedeutenden Unterschied: Rannte Markovic die Zeit auf politisch-wirtschaftlicher Ebene davon, wird nun durch Panic der Krieg verlängert. Warum? Mit der „Hoffnung Panic“ flauten in Belgrad die Demonstrationen gegen Milosevic ab, durch Panics Marionettenspiel verharrt die Welt in Abwartehaltung. Eine Operette, die Milosevic vielleicht als erster durchschaute. Er jedenfalls sitzt wieder fest im Sessel. Er weiß, keine westliche Militärintervention kann den Frieden herbeiführen, auch kein US- Import à la Panic. Nur der Sturz seiner Person, die Rebellion von innen, ließe das Kartenhaus zusammenklappen. Nicht nur in Serbien. Auch das autoritäre kroatische Regime unter Franjo Tudjman würde sofort Schiffbruch erleiden. Dann erst ist eine Versöhnung zwischen Kroaten und Serben gegeben und sitzen die Muslimanen nicht länger zwischen beiden Stühlen. Dann erst endet der Krieg in Bosnien. Roland Hofwiler, Budapest