Vergewaltiger vor Gericht

■ Zeugin hatte Angst vor Rache / Nach dem zweiten Täter wird noch gefahndet

Unter dem Vorwurf der Vergewaltigung sitzt seit gestern im Bremer Landgericht ein Mann auf der Anklagebank. Gemeinsam mit einem Bekannten soll der 30jährige Yasar G. die Bremerin Monika M. mit dem Auto mitgenommen und zu einem Parkplatz in der Nähe der Autobahn gefahren haben. Dort — so die Anklage — hat der Bekannte des Yasar G. die Frau im Auto anal und vaginal vergewaltigt. Anschließend fuhren die Männer mit der weinenden Frau zu einer Autowerkstatt in der Neustadt, wo sie sie nochmals vergewaltigten und quälten. An der Innenseite des Oberschenkels trug die Frau Brandwunden von einer Zigarette davon. Der zweite Mann ist flüchtig.

Stockend, gelegentlich weinend, berichtet die Zeugin im Gerichtssaal von der Tat im Oktober vergangenen Jahres. Gemeinsam mit ihrer Schwester sei sie an jenem Abend nach Bremen gefahren, um tanzen zu gehen, erzählt sie. Anschließend hätten sie in einem Abendrestaurant etwas gegessen. Als sie rauskamen, sprachen die beiden Männer sie aus dem Auto an und fragten, ob sie sie nach Hause bringen könnten. Da die Männer nach Bremen Nord fahren wollten, nahmen die beiden Frauen an. Auf dem Weg zur Wohnung ihrer Schwester habe man kurz an einer Tankstelle angehalten, berichtet die Zeugin, um Weinbrand zu kaufen. In der Wohnung der Schwester in Schönebeck mixten der Angeklagte und sein Bekannter Drinks aus Weinbrand und Cola. Die Mischung sei sehr stark gewesen. Die Zeugin kann sich erinnern, daß ihre Schwester auf dem Sofa einschlief, doch dann verläßt sie das Gedächtnis. Wie sie selbst die Wohnung ihrer Schwester verließ, weiß sie nicht mehr. „Filmriß“ nannte sie es bei einer polizeilichen Vernehmung. Ihre Erinnerung setzt erst wieder ein, als der Bekannte des Angeklagten sie anal vergewaltigte. Sie habe geschrieen und geweint, doch der Mann habe nur gelacht und gesagt, es gehe noch weiter. An die Fahrt zur Autowerkstatt des Angeklagten kann sich die Frau noch erinnern. Gemeinsam mit der Polizei hat sie die Werkstatt später identifiziert. Doch dann verläßt sie abermals das Gedächtnis. Sie vermutet, daß ihr der Bekannte des Angeklagten dort mit der Zigarette die Brandwunden zufügte. Ob der Angeklagte sie ebenfalls vergewaltigt habe, kann sie im Gerichtsaal nicht mehr sagen. „Richtig gemein“ sei nurder andere Täter gewesen.

Aus Angst, die Männer könnten sie finden und umbringen, habe sie mit der Anzeige gezögert, sagt die Zeugin. Darum habe sie bei den ersten Vernehmungen der Polizei auch falsche Aussagen gemacht, erklärt sie der Richterin. Doch die Erinnerung an die Vorfälle in der Werkstatt, die bei der ersten Vernehmung noch ziemlich frisch waren, sei inzwischen weg.

Von einer Vergewaltigung will der Angeklagte, der sehr ruhig wirkt, nichts wissen. Er spreche die Wahrheit, wiederholt er wie eine Beschwörungsformel. Die Frau sei freiwillig mitgekommen, sagt er. Ob sie auch damit einverstanden gewesen sei, daß sein Bekannter im Auto mit ihr Geschlechtsverkehr hatte, weiß Yasar G. allerdings nicht. Er gibt zu, die Schreie der Frau gehört zu haben. Auch daß sie weinte, ist ihm nicht entgangen. Daraufhin habe er zu seinem Freund gesagt, er sollte aufhören. Die weinende Frau sei freiwillig mit in die Werkstatt gekommen, behauptet der Angeklagte. Auf den Einwand der Richterin, das könne sie sich schwer vorstellen, erwidert der Angeklagte: „Ich verstehe das auch nicht, aber sie wollte das.“ Yasar G, der seit neun Monaten in Untersuchungshaft sitzt, behauptet, in der Werkstatt habe sich die Frau Fotoalben angeschaut. Sie habe eine Freundschaft mit ihm aufrechterhalten wollen. Daß sie ihm keine Telefonnummer gab und daß sie hinterher Anklage wegen Vergewaltigung erstattete, habe ihn „gewundert“. Diemut Roether