Flüchtlingsquartiere sind vorbereitet

■ Berlin will weitere bosnische Kriegsflüchtlinge aufnehmen, wenn die Bundesregierung finanziell einspringt/ Gestern noch keine angekommen

Berlin. In Berlin blieben die für gestern erwarteten Flüchtlinge aus dem jugoslawischen Kriegsgebiet noch aus, doch ist man auf ihre Ankunft vorbereitet. Die Quartiere, so die Sprecherin der Sozialverwaltung, Elke Pohl, seien auf einen ersten Schub von 200 bis 300 Menschen eingerichtet. Wie der Staatsekretär der Innenverwaltung, Armin Jäger, gegenüber der taz erklärte, sei Berlin bereit, noch weitere Flüchtlinge aufzunehmen. Die Bundesländer hätten sich zunächst auf die Aufnahme von insgesamt 10.000 Flüchtlingen verständigt und für Berlin eine aufzunehmende Quote von 2,2 Prozent festgelegt. Falls der Druck wachse, werde die Bundesrepublik auch weitere Menschen aus Jugoslawien aufnehmen. In Bonn war gestern allerdings die Zahl von nur 5.000 Flüchtlingen genannt worden — was 110 für Berlin ausmacht.

Allerdings stelle sich zunächst das Problem, so Jäger, eine Lösung im europäischen Rahmen zu finden. Sollte Berlin weitere Flüchtlinge aufnehmen, müsse sich der Bund zur Hälfte an den Kosten beteiligen. Zudem müßten in Berlin Kapazitäten frei sein.

Bei der Sozialverwaltung wurde zwar darauf hingewiesen, daß die Aufnahme eine Obergrenze habe, doch bestünden noch Spielräume. Allerdings, erklärte Frau Pohl, würde die Kapazität irgendwann auf Kosten der Unterbringungsqualität gehen. Dies wäre der Fall, wenn die Leute in Turnhallen oder Zelten untergebracht werden müßten. Zudem wolle man vermeiden, verfeindete Bevölkerungsgruppen aus dem Kriegsgebiet in einem Heim unterbringen zu müssen.

Zur Zeit sind über 17.000 Menschen in Berlin in Heimen untergebracht, darunter 7.000 Asylbewerber, 4.500 Aussiedler und 647 Übersiedler, die vor 1989 aus der DDR in den Westen kamen und noch keine Bleibe gefunden haben. 2.000 Menschen aus dem Kriegsgebiet sind in den Heimen des Landesamtes für zentrale soziale Aufgaben untergebracht, 3.000 weitere wohnen bei Verwandten oder Bekannten.

Eine genaue Ziffer der noch zur Verfügung stehenden Plätze möchte die Sozialverwaltung nicht nennen, denn man wolle, so Pohl, die anderen Bundesländer »nicht aus der Pflicht entlassen«, indem Berlin sich zu weit aus dem Fenster lehne. Sie verwies darauf, daß einige Bundesländer den Zustrom von Flüchtlingen dadurch begrenzt haben, indem sie sie auf das langwierige Asylverfahren verwiesen. In Berlin wurde ihnen hingegen die problemlosere Duldung gewährt. Diese kann, wenn der Krieg beendet ist, widerrufen werden. Allerdings befürchtet Staatssekretär Jäger, daß in der Zwischenzeit einige der Flüchtlinge einen Asylantrag stellen werden, mithin für längere Zeit in der Stadt bleiben werden. Jäger verwies auf entsprechende Erfahrungen, die nach dem Golfkrieg gemacht wurden. Dieter Rulff