Novellierung des Atomgesetzes

■ betr.: "Endlagerung soll in private Hände", taz vom 11.7.92

betr.: „Endlagerung soll in private Hände“ von Lothar Langer,

taz vom 11.7.92

Wer will die Novellierung des Atomgesetzes?

Heftige Diskussionen hat die von der Bundesregierung angekündigte Novellierung des Atomgesetzes ausgelöst; nicht nur bei AtomkraftgegnerInnen, sondern auch bei der Atomlobby. Während die einen mutmaßten, mit der Novellierung sollten die letzten Hemmnisse für die „Renaissance“ der Atomenergie Mitte dieses Jahrzehnts beseitigt werden, stieß der Plan der Bundesregierung bei den AKW-Betreibern und ihren Organisationen auf schroffe Ablehnung. So warnte der Präsident des „Deutschen Atomforums e.V.“, Berke, auf der Jahrestagung Kerntechnik 91 im Mai vorigen Jahres eindringlich vor der Veränderung. Begründung: Wenn Atomanlagen mit dem heutigen Atomgesetz nicht durchsetzbar sind, sind sie es auch nicht mit einem novellierten. Solange der energiepolitische Grundkonsens fehle, empfehle sich eher ein Festhalten am bestehenden Rechtszustand.

Ministerialdirektor Walter Holefelder aus dem Bundesumweltministerium muußte bereits auf der im Januar 91 in Bonn durchgeführten Wintertagung des Atomforums feststellen, daß die versammelte Atomgemeinde auch durch die vorgesehene verbesserte Rechtssicherheit für Atomanlagenbetreiber durch einzuführende „Bindungswirkung des vorläufigen positiven Gesamturteils“ nicht für sein Anliegen zu begeistern war.

Wenig begeistert sind auch die Umweltverbände, die über die Pläne der Bundesregierung argwöhnten, die Novellierung sei die „letzte Rettung für die Atomwirtschaft“. Insbesondere die geplante Privatisierung der Endlagerung von radioaktiven Abfällen stieß auf heftige Ablehnung. Gerade der Hanauer Atommüllskandal beweist nach ihrer Ansicht die Untauglichkeit privaten Atommüllmanagements.

Die geplante Einstellung der Forschungsförderung würde die Atom- Branche angesichts leerer Auftragsbücher hart treffen. Dies dürfte wohl ein entscheidender Grund für den Widerstand der Atomiker sein. Viele Projekte der Atomindustrie, wie etwa HTR-Forschung, neuer Konvoi-Reaktor, Brüter-Nachfolger, laufen derzeit nur noch auf Sparflamme, finanziert aus dem Bundesetat. So sind im Forschungsetat 1992 der Bundesregierung über 1,3 Milliarden Mark für Atomforschung eingestellt, direkt oder indirekt. Angesichts leerer Kassen durch die finanziellen Lasten des Anschlusses der ehemaligen DDR möchte die Bundesregierung diese Ausgaben natürlich gern erheblich reduzieren.

Fazit: Durch den erheblichen Widerstand der in Bonn einflußreichen Atomlobby ist mit einer schnellen Novellierung des Atomgesetzes nicht zu rechnen. Wenn überhaupt, dürfte sie nur mit wesentlichen Abstrichen zum vorliegenden Entwurf über die Bühne gehen. Die Anti- Atom-Bewegung sollte die Sache im Auge behalten, jedoch nicht zum Hauptfeld der Auseinandersetzung machen. Da gibt es Wichtigeres, wie zum Beispiel das geplante Zwischenlager in Greifswald. Übrigens hat sich der Bundesrat 1989 einstimmig für eine Novellierung des Atomgesetzes ausgesprochen. Am 8. März 91 dagegen erklärte der damalige umweltpolitische Sprecher der SPD, Harald B. Schäfer, im Bundestag: „Wir werden die Novelle Atomgesetz ablehnen und spätestens im Bundesrat zu Fall bringen.“

Da sind wir aber gespannt... Wolfgang Kühr, Essen,

Sprecher des Projektbereichs

Radikalökologie der

Ökologischen Linken