KOMMENTAR
: Privateigentum ist gut

■ Eine Gebrauchsanweisung für die Privatisierungspläne des Bundesfinanzministers

Staatseigentum ist von Übel, Privateigentum gut. Diesen Glauben haben die marktliberalen Lambsdorffs und Möllemänner inzwischen zum bundesregierungsamtlichen Credo erheben können. Ohne Wenn und Aber soll deshalb privatisiert werden: die Lufthansa, die Telekom und quadratkilometerweise Grundstücke, letztere bevorzugt im Osten oder im sozialistischen (weil staatlichen) Bahnbesitz. Finanzminister Theo Waigel wagte gestern gar in aller Öffentlichkeit den posthumen Aufstand gegen CSU-Übervater Franz- Josef Strauß selig. Der hätte „seine“ Lufthansa niemals den Klauen schnöder Kapitalisten überlassen.

Doch auch wer des gegenteiligen Glaubens der Bundesregierung ist, braucht nicht zu verzweifeln. Zwischen Waigels Verkaufswünschen und dem Zufluß schnellen Geldes in die leere Bundeskasse türmen sich handfeste Hindernisse auf. Die Lufthansa ist derzeit ein Sanierungsfall. Interesse an ihrer Übernahme könnten ernsthaft nur die europäischen Fluggesellschaften haben, die froh um jede Konkurrentin weniger wären. Außerdem würde ein derartiger Verkauf das Glaubensbekenntnis Lügen strafen, weil auch die Lufthansa-Konkurrenz größtenteils in Staatsbesitz ist. Die Telekom läßt sich ebenfalls nicht so leicht verkaufen. Vor der Privatisierung muß die Bundesregierung zunächst die SPD, und damit auch die Postgewerkschaft, überzeugen, weil die Grundgesetzänderung einer Zweidrittelmehrheit des Bundestages bedarf.

Selbst der alte DDR-Grenzstreifen und andere Ostgrundstücke, im Gegensatz zu vielen bundeseigenen Firmenbeteiligungen tatsächlich ein Vermögen, sind dennoch größtenteils unverkäuflich — wegen der ungeklärten Eigentumsverhältnisse. Am westdeutschen Glaubenssatz „Rückgabe vor Entschädigung“ im Einigungsvertrag scheitert schließlich bereits ein Großteil der Treuhand-Privatisierungen. Und welche rechnende KapitalistIn wird sich schon das nicht nur ökologisch fatale, sondern auch wirtschaftlich widersinnige Großprojekt Rhein-Main-Donau-Kanal aufhalsen, ohne gleich horrende Subventionen mitzuverlangen? Die Privatisierung à la Treuhand scheint programmiert. Vor zwei Jahren noch erwartete Waigel ja auch aus dem Treuhand-Geschäft Gewinne.

Vielleicht zielt Waigel mit seinen neuesten Ankündigungen auch auf die ostdeutschen Komittees für Gerechtigkeit — indem er via Privatisierung die Verostung des Westens plant. Donata Riedel