Der Duft der Badeanstalt

■ Amtsgericht stellte Verfahren gegen Leiter des Niendorfer Freizeitbades ein

Letztes Jahr ging eine alte Dame mit ihrem Hund an der Kollau in Niendorf spazieren. „Es riecht so merkwürdig“, mag die betagte Spaziergängerin zu ihrem Vierbeiner gesagt haben - oder auch: „Cherie, hier stinkt's nach Chlor.“

Die Frau ging zur Polizei und beklagte sich, aus dem nahegelegenen Freizeitbad Niendorf würde gechlortes Wasser in den kleinen Fluß geleitet.

Im Mai 1991 wurden der Chef des Schwimmbades und sein Vorgesetzter bei den Hamburger Wasserwerken (HWW) von einer Anzeige wegen Gewässerverunreinigung überrascht. Die zwei Mittfünfziger, beide alte Hasen in Sachen kühles Naß, erklärten gestern in der Verhandlung vor dem Amtsgericht, „wir haben uns nichts zu Schulden kommen lassen“. Es sei kein chlorhaltiges Badewasser in die Kollau geflossen. Wenn es am benachbarten Wanderweg so gerochen habe, könne das nur das Chlorgas gewesen sein, das sich aus dem Bad verflüchtigt habe. „Die Gerüche sind nun mal typisch für eine Badeanstalt“, so der angeklagte Chef.

Die beiden Herren hatten sich schon 1985 Gedanken über die Einleitungen in die Kollau gemacht. Dem Chef bereiteten vor allem die beim Putzen verwendeten Reinigungsmittel Kopfzerbrechen. Es wäre doch besser, so seine Meinung, das Freizeitbad insgesamt ans Sielnetz anzuschließen. Entsprechende Anträge beim Bezirksamt blieben jahrelang erfolglos. Auch die Gewässerschutzabteilung der HWW reagierte nicht. Der Vorgesetzte wiederholte seine Intervention im eigenen Hause noch einmal im April 1991: „Tut endlich etwas.“ Es passierte nichts.

Stattdessen flatterte ihnen die Anzeige ins Haus. Da fühlte sich besonders der Chef des Freizeitbades auf den Schlips getreten. Hatte er doch - selbst Anwohner der Kollau - dem Flüßchen alle möglichen Einleitungen erspart. Er bastelte eine aufwendige Apparatur aus drei Pumpen und meterlangen Schläuchen. Das Wasser konnte so statt per Rohr in die Kollau zu laufen 70 Meter weit ins nächste Siel gepumpt werden. Das Chlor, das in Gasform zur Desinfizierung des Badewasser genutzt wird, verflüchtige sich schnell wieder, so seine Erfahrung. Es könne daher nicht in den Fluß gelangt sein, weil seine Konzentration bei jeder Bewegung im Wasser und besonders im Kinderplanschbecken immer geringer werde.

Der Amtsrichter stellte das Verfahren folgerichtig ein. Das Freizeitbad ist übrigens inzwischen technisch umgerüstet und ans Sielsystem angeschlossen worden.

lian