: Mauschelei an der Bundeswehr-Universität?
■ Frauenfeindliches Gekungel um die Besetzung des Präsidentenstuhls/Nur der Hauskandidat kam durch/Externe Bewerber nicht angehört/Betroffene sprechen von "Scheinausschreibung" und "Skandal"
/ Bei der Ausschreibung und Wahl scheinen Parteiinteressen im Vordergrund gestanden zu haben / Betroffene sprechen von »Scheinausschreibung« und »Skandal«
In der Jenfelder Bundeswehr- Universität hängt der Haussegen schief. Mauscheleien, Frauenfeindlichkeit und undemokratisches Verhalten wirft ein aufrechtes Häuflein aus Studenten und Mitarbeitern dem Gros der Professoren vor. Anlaß ist die Kür des neuen Präsidenten Gerhard Strunk, den der Hochschulsenat erst kürzlich in sein neues Amt wählte. Die Besetzung des Chefsessels gelang erst im zweiten Anlauf. Im vergangenen Jahr hatte der damalige Verteidigungminister Gerhard Stoltenberg (CDU) die von der Bundeswehr- Uni vorgeschlagene Dagmar Burkhart, Slawsitik-Professorin an der Uni Hamburg, abgelehnt.
Obwohl sich auf die nochmalige Stellenausschreibung im März 1992 profilierte Bewerber meldeten, darunter der Hamburger Uni-Pro-
fessor und CDU-Politiker Ulrich Karpen sowie der Geschäftsführer des Blankeneser Friedenforschungsinstituts Dieter Lutz, rückte der Hauskandidat Strunk im Schnellverfahren auf den Chefsessel. Und zwar ohne, daß einer der anderen Anwärter zum Vorstellungsgespräch gebeten worden wäre. „Eine glatte Scheinausschreibung“, so das Urteil eines Doktoranden. Als einen „wohl einzigartigen Skandal“, so Professor Jürgen Hartmann in einem Schreiben an den Akademischen Senat.
Der Politologe findet die Wahl des ehemaligen Vizepräsidenten Gerhard Strunk, auch vor dem Hintergrund verwerflich, daß nach den Wünschen des Hochschulsenats eine Rektoratsverfassung installiert werden soll. Würde der Plan verwirklicht, könnten künftig nur noch Professoren aus dem eigenen Stall für zwei Jahre an die Spitze gelangen. Externe Bewerber wären nicht mehr zugelassen.
Nichts Dramatisches kann hingegen Professor Karl-Werner Hansmann an dem Verfahren erkennen. Das Mitglied der Hochschulsenats: „Wir haben inhaltlich über die Kandidaten debattiert und dann einstimmig beschlossen, daß nur Herr Strunk infrage kommt“. Es gebe keinen nennenswerten Dissens in der Professorenschaft über die Vorgänge. Auch die Fachbereichsräte hätten ihr Einverständnis signalisiert. Den Auftrag, eine Rektoratsverfassung zu konzipieren, habe das Gremium bereits 1985 erteilt.
Der Stein des Anstoßes will an dem ganzen Prozeß seiner Amtsübernahme nicht beteiligt gewesen sein. „Ich habe mich auf bitten etlicher Kollegen beworben“, erzählt Gerhard Strunk, der zwar gewählt ist, aber noch auf die Berufung durch Bundesverteidigungsminister Volker Rühe wartet.
Damit ist eine weitere Pikanterie dieses Falls angesprochen. Bereits vor anderthalb Jahren war das Präsidenten-Amt schon einmal ausgeschrieben. Der Hochschulsenat erstellte eine Prioritätenliste mit drei externen Kandidaten. Auf Platz eins stand ein Mann, auf Platz zwei die Hamburgerin Dagmar Burkhart. Die Verhandlungen mit Nummer eins zogen sich so lange hin, daß Gerhard Strunk in Juni 1991 kommissarisch das Amt seines Vorgängers Horst Homuth übernahm. Nachdem der Lieblingsbewerber abgesprungen war, hätte eigentlich Nummer zwei zum Zuge kommen müssen. Doch der damalige Verteidigungsminister Stoltenberg lehnte ab und zwar wegen mangelnder Gremienerfahrung von Dagmar Burkhart. Die Bundeswehr-Uni fand sich mit dieser Entscheidung ab. Sigrun Nickel
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