DIE WUNDERWAFFE DER WASHINGTONER POLIZEI

Drahtesel-Cops

Washington (dpa) — Als er das erstemal mit Radlerhose, schußsicherer Weste und automatischer Pistole im Halfter durchs Revier lief, hätten alle gelacht, erinnert sich Sergeant David Whidden von der Washingtoner Polizei. Ein paar Tage später aber wollten die meisten seiner Kollegen ihren Streifenwagen gegen eines der schwarzen Dienstfahrräder eintauschen und in die Pedale treten. Die Drahtesel wurden mit dem Kosewort mounties belegt, einer Kurzform für Mountain bike, die aber auch auf die ebenfalls mounties genannten berittenen Polizisten Kanadas anspielt. Whidden und drei Kollegen sind in der amerikanischen Hauptstadt die ersten Polizisten, die täglich mit einem mounty auf Verbrecherjagd gehen. Von nachmittags drei bis elf Uhr abends radeln sie durch eines der schäbigsten Viertel im Stadtteil Anacostia. Sein Gebiet sei für Fußpatrouillen zu groß, sagt Whidden. Und das Auto habe den Nachteil, daß man von der Außenwelt abgekapselt sei. „Man hört nicht, wenn sich irgendwo Streit anbahnt, und es fällt einem nicht auf, wenn bei einem Haus etwas nicht in Ordnung ist.“

Da Anacostia einer der hügeligsten Stadtteile sei, pausiere man auch öfters mal und unterhalte sich mit den Leuten. Diese Bürgernähe der Fahrradstreife zahlt sich aus: Seit Einführung der mounties sind Verbrechen um 70 Prozent zurückgegangen. Andere Reviere in Washington haben deshalb schon angekündigt, ebenfalls auf Fahrräder umzusatteln. In mehrtägigen Kursen werden die Polizisten vom Auto aufs Fahrrad umgeschult.

Bei Verfolgungsjagden müsse man zum Beispiel ganz anders reagieren als mit dem Auto, sagt Whidden. „Wir radeln so lange hinter denen her, bis sie vollkommen erschöpft sind; dann fahren wir sie über den Haufen.“ Florian Hanig