Gebündelte Ohnmacht

Nur die Liberalen konnten sich diesmal mit Genuß in der Sommersonne räkeln. Die anderen beiden Ampelkoalitionäre sind erschöpft und frustiert in ihre erste politische Sommerpause geplumpst, aus der sie jetzt ratlos auftauchen.

Und nun geiht dat los. Mit Ratlosigkeit darf nämlich keine Zeit mehr vertan werden. Denn spätestens in einem Jahr muß alles so umgruppiert sein, will man bei der nächsten Wahl nicht gänzlich chancenlos bleiben. Wenn im September die Forsa-Umfrage veröffentlicht sein wird, weiß auch der letzte Genosse, was schon jetzt mit Händen zu greifen ist: In der augenblicklchen Verfassung kann die SPD das letzte Wahldesaster nicht einmal andeutungsweise korrigieren. Und kluge grüne Köpfe wittern längst, daß der Gilb auch ihnen die Farbe 'rausleckt.

Eine Binsenweisheit also, daß etwas geschehen muß. Aber was? Die Lage ist nahezu aussichtslos. Wo sollen neue Politikimpulse herkommen. Aus der SPD-Bürgerschaftsfraktion etwa? Deren Einfallslosigkeit muß bis zur nächsten Wahl ertragen werden. Nicht einmal jammern lohnt hier.

Bleibt der Senat. Es bedarf schon politischer Naivität zu glauben, daß Wedemeier und Senatsgenossen beim nächsten Mal kräftigen Stimmenzuwachs bei der SPD bewirken werden. Der Wähler schätzt die Senatoren nicht, der Wähler haßt sie nicht, sie sind für ihn nicht greifbar, haben kein Profil. Umbildung des Senats scheint einzig noch für Drive sorgen zu können. Das aber ist schier aussichtslos. Einen Koalitionssenat umzubilden ist ungleich konplizierter als die Neuformierung einer angeschlagenen Einparteienregierung. Und selbst das hat Wedemeier in der vorigen Legislaturperiode nicht geschafft.

Diesmal wird Wedemeier sich in jedes Senatsmitgleid verkrallen und keinen gehen lassen, ob rot ob grün. Denn wenn nur einer oder eine geht, droht auch das Aus für ihn. Dieser Senat ist wie ein Kartenhaus: Jeder stützt jeden. Und wer sich doch anschicken will, den schwankenen Bau umzupusten, der muß sich sagen lassen, daß er die Ampel insgesamt krachen läßt. Wedemeier nährt die Überzeugung, daß er alleine Garant der Ampel sei.

Wer ihn stürzt, so will er weiß machen, inthronisiert die Koalition mit der CDU. Und kann das wirklich einer wollen. Selbst wen es angesichts der Krise Bremens nicht vot einer großen Koalition ekelt, den muß es aber ekeln, mit Kudellas CDU ins Bett zu gehen. Pfui Teufel, wer das will. So müssen also die Protagonisten Kröning und Grobecker sich ampelfähig zeigen.

Wann ist ein Bürgermeister richtig ampelfähig? Wenn er keinem weh tut und geduldig die Vertagung der Probleme koordiniert. Die Ampel hat keinen festen politischen Grund. So improvisiert halt jeder seine Politik von Sitzung zu Sitzung. Sollte sich an der Bremer Ampel am Ende doch das Wort erfüllen, das gebündelte Ohnmacht Bestand hat aber nichts bewirkt? Trotzt allem: Der Gerichtstag kommt. Und wenn erneut das Desaster droht. Dann geht es ums schiere Überleben. Und Todesangst macht auch müde Genossen mutig. Horst-Werner Franke, Senator a.D.