Keine Neueinstellung bei den Erziehern

■ Ab sofort sollen freiwerdende Stellen nur noch mit Überhangkräften aus den Ostbezirken besetzt werden/ 1.500 Stellen werden bis 1993 abgebaut

Berlin. Wenn sie aus den Sommerferien zurück kommen, werden die Schülerinnen und Schüler des Pestalozzi-Fröbel-Hauses und der anderen Erzieher-Ausbildungsstätten lange Gesichter machen. Denn wer von ihnen sich noch keine Arbeitsstelle besorgt hat, hat keine Chancen mehr, in einer Kindertagesstätte oder einem Kinderhort des Landes Berlin eine Anstellung zu finden.

Wie aus einer internen Anweisung der Senatsverwaltung für Inneres an die Fachressorts hervorgeht, ist mit einem faktischen Stopp bei Neueinstellungen zu rechnen. In dem Papier, das der taz vorliegt, wird vielmehr von einer »Verpflichtung zur Besetzung aus dem Personalüberhang« der Ostbezirke ausgegangen. Dort sollen nach dem Willen des Senats 1.500 Erzieherstellen wegfallen. »Für die Besetzung von Stellen für Angestellte im Erziehungsdienst ist daher«, so heißt es in dem Vermerk, »von sofort an nur noch auf den sich im Personalüberhang befindenden Personenkreis zurückzugreifen. Dies gilt für alle Bereiche, in denen Angestellte im Erziehungsdienst tätig sind.« Auch bei der Besetzung von Vertretungsstellen darf ab sofort nur noch so verfahren werden.

Die Jugendverwaltung hofft, durch diese Maßnahmen eine »Massenarbeitslosigkeit« bei den Erziehern aus dem Ostteil zu verhindern. Wie der Sprecher der Verwaltung, Thorsten Schilling, erklärte, werden außer der Umsetzung auch Umschulungsmaßnahmen für mehrere hundert Erzieher eingerichtet, die aus EG-Mitteln finanziert werden. Damit sollen sie befähigt werden, »in angrenzenden Bereichen«, zum Beispiel in Unterhaltsämtern, zu arbeiten. Ziel sei, so Schilling, daß niemand entlassen werde. Ende 1993 müssen die Stellen eingespart sein. In den 7.600 Kindertageseinrichtungen des Landes sei an eine Neueinstellung von Erziehern nicht mehr gedacht. Wer die Erzieherschulen verläßt, könne nun nur noch bei den 4.900 Krippen, Tagesstätten, Horten und Jungendfreizeiteinrichtungen der freien Träger unterkommen. Der Arbeitsmarkt für Erzieher, so Schilling, »wird enger«.

Der Sprecher der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, York Kämpfer, findet, daß sei »keine schöne Situation«, aber was anderes könne man nicht machen, wenn man Überhang abbauen wolle. Die Haushaltssituation lasse keine andere Wahl. Der ÖTV-Vorsitzende Kurt Lange sieht hingegen durchaus Möglichkeiten auch für Neueinstellungen. So würden Stellen geschaffen werden, wenn die Vor- und Nachbereitungszeiten anerkannt würden, auch müßten mindestens ein Drittel der Überhangstellen erhalten bleiben, da die entsprechende Arbeit auch weiterhin anfalle. Auf jeden Fall müssen, so Lange, Stellen für den Erziehernachwuchs erhalten bleiben.

Am kommenden Dienstag wird sich der Hauptpersonalrat der Verwaltung mit dem Vorgang befassen, doch hat er in dieser Frage keine Mitbestimmungsmöglichkeit. Lediglich bei der Besetzung der Umsetzungslisten für die Überhangstellen ist sein Votum gefordert. Dieter Rulff