„Schreib mal wieder“

■ PR-Abteilung Duales System ruft zum Leserbrief-Schreiben für Manager auf

Berlin (taz) — Den Fürsprechern des grünen Punkts geht es schlecht. Aber sie dürfen es nicht sagen. Deshalb hat sich die PR-Abteilung des Dualen Systems Deutschlands (DSD), das den Verpackungsmüll sammelt und sortiert, etwas besonderes einfallen lassen: die Hersteller von Produkten, auf denen ein grüner Punkt prangt, sollen zur Feder greifen und die Leserbriefspalten der Lokalzeitungen füllen — unter dem Deckmantel des naiv- kritischen Bürgers. Damit sich die Herrschaften in den Vorstandsetagen aber nicht selbst in die seelischen Tiefen der Verbraucher begeben müssen, haben die PR-Leute gleich sieben Musterbriefe formuliert. Da wird von Bekannten in anderen Städten fabuliert, die nach kritischer Prüfung voll hinter ihrer mit grünen Punkt-Produkten gefüllten gelben Mülltonne stehen und auch faktisch Falsches verbreitet: „Unterm Strich bleibt für mich die Erkenntnis, daß jetzt endlich was gegen den Müllberg getan wird, und daß das für den Verbraucher eben nicht so teuer ist, wie man es immer liest, sondern umgekehrt unsere Haushaltskassen teilweise entlastet.“ Aber obwohl durch das Duale System keineswegs Müll vermieden wird, wird dieser Unsinn wohl demnächst in manchem Blatt auftauchen. Denn wie die PR- Leute ganz richtig feststellen: Leserbriefe sind „vom Anzeigenanteil abgesehen, der einzige Bereich der Zeitung, in der Stellungnahmen veröffentlicht werden können, ohne durch die Filter der Redaktion zu gehen.“

Der PR-Rummel scheint notwendig: denn bisher spricht alles dafür, daß das DSD sein Ziel verfehlt, die Republik flächendeckend mit gelben Tonnen zu überziehen. Gelingt dies nicht, können die Verbraucher ab 1993 ihre leeren Joghurtbecher und Erbsendosen zurück zum Supermarkt tragen — eine Horrorvision für die Geschäftsleute. Die bayerischen Grünen aber sehen genau hierin eine Chance für Müllvermeidung: denn die Händler haben dann ein Interesse, keine Einwegverpackungen mehr zu verkaufen. Aber auch von anderer Seite kommt das DSD unter Druck: obwohl Pressereferent Jeuckens voll Elan die technischen Errungenschaften des Kunststoffrecyclings preist, hat der Verband der Kunststofferzeugenden Industrie bereits bei Kanzler Kohl eine Verschiebung der Fristen beantragt. Und zugleich hat der Verband klar gemacht, was er unter Recycling versteht: „Das Verbrennen von Kunststoffverpackungen zur Wärmeerzeugung in kommunalen Müllkraftwerken ist nach unserer Ansicht die ökologisch und ökonomisch günstigste Lösung der Verwertung von gebrauchten...Kunststoffpackungen.“ aje