Fidel Castro als reiche Dame

■ Weil in Barcelona noch kein Sport ist, wird die taz-Sportredaktion bös' gequält

Warten auf den ersten Startschuß, oh, das ist hart, ganz hart. Für'n Kopf, mental also. Was für die Sportler in Barcelona gilt, gilt mehr noch für den Hilfsredakteur dieser Zeitung. Es ist nämlich so, daß die Agentur dpa mit 30 Journalisten vor Ort sitzt, unablässig spuckt die Tickermaschine, königspythongroße Papierschlangen bilden sich, ach, wachsen zu Bergen gar. Und alles, alles will gelesen sein und sortiert und weggeworfen oder abgedruckt.

Nun wollen es die Umstände, daß Sport eigentlich von Sonntag an erst stattfindet bei diesen Spielen, und so erreichen die Artikel der Agentur Blödsinnsdimensionen, deren unfaßbare Weite nur mal kurz angedeutet wird mit dem Titel einer gerade eingegangenen Meldung: „Vorolympische Sprüche: Der Baum, die Macht und die Pinkel-Affäre“. Andernorts ist zu erfahren, Carl Lewis sei „bekleidet nur in einem schwarz-orangenen Stretchanzug“ zur Akkreditierung erschienen und sich dort an „schon länger wartenden Scharen“ einfach vorbeigedrängelt. Danach die Schreckensbotschaft: „Becker hat Probleme mit den Zahnwurzeln.“

Dagegen von fast schon hohem nachrichtlichen Wert: „Das deutsche Team wird an sechster Position in das Stadion ziehen.“ Herrje, eine lange Intimgeschichte aus dem olympischen Dorf: „Schrank zu klein, Bett verlängert — aber Stimmung bestens.“ Würden sie nur aufhören zu schreiben, aber nein: „Könige, Thronfolger, reiche Damen: Auch Fidel Castro ist Olympia-Vip.“ Nun immerhin wissen wir, „der Prinz und Ex-König von Bulgarien, SimeonII“ hat „Margarita Gomez- Acebo y Cesuela aus der Herzogsfamilie derer von Bajadoz“ geehelicht, glücklich sei er auch noch.

So gehen sie dahin, die Zeit, die Papierschlangen, im Strom zunehmender Geistverlassenheit, da ereilt uns das Interview mit dem Chef de Mission der deutschen Olympiamannschaft, Ulrich Feldhoff: „Es wird Zeit, daß die Spiele beginnen.“ Hat einem je ein Funktionär mehr aus dem Herzen gesprochen? Herr Thömmes