Toter Witz

■ Benefiz-Gala für St. Pauli-Museum: Ein Trauerspiel und Angesang auf den Kiez

für St.Pauli-Museum: Ein Trauerspiel und Abgesang auf den Kiez

Eine rauschende Gala hatte es am Samstag um Mitternacht im Zelt des Circus Roncalli werden sollen. Ein Benefizkonzert mit dem vom Witzredakteur zum TV-Star avancierten Karl Dall nebst Hamburger Chören sollte das erste Kleingeld für den Erhalt und den Umzug des St.Pauli-Museums in die Große Freiheit 39 einspielen. Es wurde ein „propanes“ (Witzzitat) Vergnügen, ein Abgesang auf den Kiez.

Geplant war neben Gesang und Blödsinn, 50er Jahre-Conference und blümeranten Erinnerungen an Vergangenes eigentlich auch der Startschuß zu einer Besetzung der Häuser am Pinnasberg. Der Fotograf Günter Zint und der Verein Kultur für St.Pauli e.V. wollten schließlich ihre Museumstätigkeit stets in den sozialen und poltischen Zusammenhängen des multikulturellen Stadtteils verankert wissen. Doch ‘Politisches' lehnte die Roncalli-Crew und der Moderator Karl Dall kategorisch ab.

Dall bewies tragische Größe und das Durchhaltevermögen eines fliegenden Hornhautentfernerhändlers. So wurde aus der schlechtbesuchten Gala eine denkwürdige Nacht. Wessen Herz noch für die Sumpfblüten des Kiez schlägt, dem zogen sich angesichts der toten Nostalgika die Kranzgefäße zusammen. Doch Schlagerdichter Ernst Bader amüsierte sich königlich, und Domenica und Karle vergnügten sich anschließend bis zum frühen Morgen auf dem Fischmarkt. René Durant hatte es vorgezogen, der Feier fernzubleiben. Auch zwei Sandwich-Träger konnten nicht mal einige der zu Tausenden über die Reeperbahn drängelnden Touristen anlocken. „Ein paar Tausend Mark“ seien zusammengekommen, so Zints Bilanz. Er hat erstmal die Nase voll von der Auseinandersetzung mit Behörden und Sponsoren. Er gibt im September sein Amt als Museumsleiter planmäßig ab. Ein politischer Anspruch sei in der Abhängigkeit von Geldgebern nicht mehr möglich, so Zint, und ausschließlich historische tote Gegenstände wolle er nicht ausstellen. jk