Das Wochenende der Besetzungen

■ Laue-Häuser: Für die Polizei eine Art Straßenfest/Erster Gewerbebetrieb eröffnet

: Für die Polizei eine Art Straßenfest / Erster Gewerbebetrieb eröffnet

Auf der Suche nach leerstehendem Wohnraum konnte das Laue- Bündnis (Zusammenschluß von Wohn- und Gewerbeprojekten) am Samstag einen Erfolg verbuchen. In bester Lage, dem Schanzen-Viertel, wurde man fündig und gleich aktiv. Unter dem Motto „Wer macht leere Häuser wieder voll? Das Laue-Bündnis!“ besetzten etwa 35 Leute gegen zwölf Uhr die Laue- Häuser an der Schanzenstraße.

Seit zwei Jahren gibt es ein Wirrwarr um die Zukunft der ehemaligen Gewürzfabrik Hermann Laue. Nachdem der Senat auf sein Vorkaufsrecht für das Gelände verzichtet hatte, kaufte der Spekulant Hans-Erich Dabelstein den Komplex und ließ die Wohnungen leerstehen. Schon seit längerem fordern Wohn- und Gewerbeprojekte die gut erhaltenen Häuser für Initiativen aus dem Viertel zu nutzen. Zwar hatte Dabelstein angekündigt, daß auch Projektgruppen auf dem Gelände integriert werden sollen (taz berichtete), doch geschehen ist bisher nichts. Ein alternatives Nutzungskonzept des Laue- Bündnisses liegt dagegen vor. Doch damit läßt sich kein Gewinn machen. Um den Leerstand endlich zu beenden, entschloß sich das Bündnis für eine Besetzungsaktion.

Bei schönem Wetter ging man gleich tatkräftig ans Werk. Bunte Transparente wurden an dem Gerüst vor dem Haus aufgehängt, Kaffee und Kuchen serviert, ein Infotisch aufgebaut. Die Polizei schaute lediglich kurz vorbei. Die neuen Bewohner der Häuser begannen sofort mit der Nutzung des Geländes und eröffneten den ersten Gewerbebetrieb, die Kneipe „Laue Sommernächte“. Bei Orangensaft und Spezi feierte man die Einweihung.

Bereits im März 1990 hatte die Wohngruppe Muskatnüsse die Schanzenstraße 56-62 besetzt. Damals wurde noch am gleichen Abend geräumt, die BesetzerInnen bis zum nächsten Tag festgehalten und eine Demonstration gegen die Räumung von der Polizei aufgelöst.

Am Samstag dagegen blieb alles ruhig. Der Lagedienst der Polizei erklärte, daß Besitzer Dabelstein bislang keinen Strafantrag gestellt hätte. „Wir betrachten das nicht als Besetzung, sondern sehen in der Aktion einen demonstrativen Akt, eine Art Straßenfest“, so die Auskunft der Polizei.

Die BesetzerInnen nahmen dies zur Kenntnis, an ihren Ansprüchen ändert diese Haltung nichts. Und so verbrachten sie ihre erste Nacht im neu besetzten Haus. Auch am Sonntag blieb alles ruhig. Für den Nachmittag war ein Straßenfest geplant, und am Abend wollte man sich auf einem „offenen Plenum“ beraten. Dieses Plenum begann nach Redaktionsschluß der taz hamburg. Für die Bewohner gilt das Motto: „Nie wieder Ketchup - Jetzt kochen wir!“ Christoph Hermani