: Kirche uneins über schwule Pasoren
■ Homosexueller Student hofft weiter auf Vikariat
Für Frank Vesterling ist sein Fall noch nicht abgeschlossen. Dem Theologiestudenten der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannover verweigert die Kirchenleitung ein Vikariat, weil er es als Homosexueller ablehnt, zölibatär zu leben. Der 28jährige hofft, dennoch in den Pfarrdienst übernommen zu werden. Die Aussage der hannoverschen Landeskirche, daß ein homosexuelles Zusammenleben „nicht hinnehmbar“ sei, sieht Vesterling nicht als endgültige Entscheidung. Seine Hoffnung gründet er dabei auf durchaus unterschiedliche Haltungen verschiedener evangelischer Landeskirchen.
Auch in der hannoverschen Landeskirche fällt die endgültige juristische Entscheidung erst 1994. Dann ist die Beurlaubung des homosexuellen Pastors Hans- Jürgen Meyer beendet. Das Kirchengericht hatte diesen Zeitraum festgelegt und damit sowohl die Kirchenleitung als auch Meyer aufgefordert, ihre Position inhaltlich zu überdenken. Für Frank Vesterling ist es deshalb besonders wichtig, daß „gerade jetzt in dieser kirchenpolitischen Phase mehr und mehr Betroffene den Mut finden, an die Öffentlichkeit zu treten.“
In drei Gesprächen mit der Landeskirche hatte der Student versucht, einen Kompromiß auszuhandeln. Er bot an, darauf zu verzichten, mit seinem Freund in einer Wohnung zu leben, und habe deutlich gemacht, daß nicht seine Homosexualität, sondern das Evangelium Thema seiner Verkündigung sei.
Der Landessuperintendent der Evangelisch-reformierten Kirche in Leer, Walter Herrenbrück, teilt diesen Standpunkt. Herrenbrück hatte in einem Brief an seine PastorInnen geschrieben, daß die Rolle der Kirchenleitung nicht darin bestehen könne, „eine Begegnung zwischen Gemeinden und homosexuellen Mitarbeitern grundsätzlich zu verhindern.“
Dem Votum der Gemeinden räumen auch andere Landeskirchen einen entscheidenden Stellenwert ein. In der Evangelischen Kirche im Rheinland wird in den Gemeinden derzeit über ein 70seitiges Arbeitspapier diskutiert, das über „Für und Wider“ schwuler Pastoren informiert. Die Entscheidung der Gemeinden soll dann für die Synode der Landeskirche bindend sein.
Auch in Hessen und Nassau dort werden die jeweiligen Kirchengemeinden konsultiert, wenn es „Probleme mit der Sexualität von PastorInnen gibt“. Auch in Berlin-Brandenburg wird versucht, eine „befriedigende Lösung für alle Beteiligten zu finden.“ Nirgends stehe geschrieben, daß Homosexualität kirchlich verboten sei, heißt es von der Nordelbischen Kirche.
In Württemberg ist eine Aufnahme „solcher, die in einer homosexuellen Partenerschaft lebnen, nicht möglich“. Allerdings gibt es auch dort einen Diskussionsprozeß, auf dessen Ergebnis auch Frank Vesterling wartet. Bis dahin arbeitet Vesterling in einer evangelischen Stiftung für geistig behinderte Kinder. Für seine Vorgesetzten dort sei seine sexuelle Einstellung völlig uninteressant. Ulrike Millhahn, epd
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