Lokalkoloratur: Lianne Paulina-Mürl

LOKALKOLORATUR

Während die Barschel-Affäre hohe Medienwogen schlug, sorgte sie im Kieler Landeshaus für neue Töne. Die erste Landtagssitzung nach der Herbstwahl des Jahres 1987 eröffnete sie mit der für das Hohe Haus gänzlich ungewohnt-verdrehten Anrede: „Meine Herren und Damen“. Frauenpolitik war der sozialdemokratischen Landtagspräsidentin Lianne Paulina-Mürl eine Herzensangelegenheit — bis in die Floskel. Eigentlich war sie im SPD-Schattenkabinett als Frauenministerin vorgesehen. Doch dann ergriff sie die Chance und wurde erste Präsidentin des Landesparlaments. Ihre Genossen mußten, bevor sie 1988 ebenfalls zu hohen Staatsämtern kamen, einige Monate Affäre bewältigen und einen weiteren Wahlkampf durchstehen. Frau Paulina-Mürl war sozusagen die Vorhut der sozialdemokratischen Machtübernahme im Norden. Gestern starb die Politikerin im Alter von 47 Jahren. Wegen einer schweren Erkrankung hatte sie schon vor Wochen auf ihr Landtagsmandat verzichtet — zugunsten des Listenkandidaten Engholm. oet