Deutsche Befriedigung

KOMMENTAR

Deutsche Befriedigung

„Die bosnischen Flüchtlinge sind da!“ Noch nie hat die Stadt so intensiv gefiebert, endlich Kriegsflüchtlinge aufzunehmen und den deutschen Wohlstandskuchen mit armen Menschen teilen zu können.

In der Tat brauchen die Menschen aus dem Ex-Jugoslawien Hilfe: Sie sind seit Monaten einem für uns kaum nachvollziehbaren Kriegstreiben ausgesetzt, mußten schweres Leid an Körper und Seele ertragen. Und sie sind im weiteren Sinne unsere Nachbarn.

Doch der Sinneswandel ist verblüffend: Vor wenigen Monaten wurden noch die „Reps“ gewählt, weil das Boot angeblich übergelaufen ist, Ausländer — selbst Kriegsflüchtlinge — nicht mehr aufgenommen werden können, und das Grundrecht auf politisches Asyl Hilfe nicht zulasse. Und beim großen Schlachten in Kurdistan, Kroatien, Mocambique und Äthopien? Absolute Stille! Keine Regung, geschweige das Angebot humanitärer Hilfe.

Zu Recht weisen daher Kritiker der Uno-Politik darauf hin, daß nicht nur in Jugoslawien, sondern auch in Afrika Millionen von Menschen vom Kriegs- und Hungertod bedroht werden. Wer ernsthaft helfen möchte, sollte daher auch bereit sein, ein „Negerkind“ durch Aufnahme vor dem Tod zu retten — und nicht nur einen bosnischen Sprößling, weil es gerade „in“ ist. Im Moment haben die Aktionen für die Bosnier eher den Beigeschmack von Gewissensberuhigung — deutsche Selbstbefriedigung. Kai von Appen