Wadenk(r)ampf

■ Das TV-Olympia-Tagebuch, TeilII

Rasant, rasant, die Spiele laufen gleich zu großer Form auf. Da muß der Sportlerin Ina Just, kaum angekommen, schon der Blinddarm entfernt werden. Vielleicht der Rekord für die kürzeste Teilnahme? Ansonsten verbringt der TV-Olympionike die ersten Tage ja meist mit Sportarten, die er sonst das ganze Jahr nicht zu Gesicht bekommt: Wasserspringen, Gewichtheben, Ringen, Amateurboxen. Aber immerhin letzteres lohnt sich, denn alle vier Jahre setzt sich Kabarettist und Ringrichter Werner Schneyder dazu hinters Mikrofon.

Normalerweise mag ich das ja nicht sehen. Kein dramatisches Geprügel wie bei den Profis, statt dessen dreimal drei Minuten Gefäustel mit technischen Feinheiten. Keine tragischen Helden, die nach Niederschlägen noch mal zurückkommen und den Gegner ausknocken, dafür bessere Boxer gegen schlechtere Boxer, die sich gegenseitig ein bisserl auf der Birne rumkloppen, um mehr Punkte als der andere zu erhalten. Nicht mal mehr der Klassenkampf wird ausgefochten wie damals noch, als Fidels Kubaner gegen die US- Boys zwischen den Seilen die Weltrevolution verteidigten. Aber Schneyder macht alles mit seiner feinen, liebevollen Art wieder wett. Er kann Sachen sagen wie: „Der deutsche Trainer hat — wie das bei Trainern so üblich ist — über die Auslosung für seine Boxer gejammert“ und müßte zum Wohle des Zusehers zur Kommentierung sämtlicher Ereignisse verdonnert werden.

Dagegen kriegen wir z.B. die Moderatorin Magdalena Müller, die vier Paar stramme Waden für „das Ereignis des Tages“ hält, weil die Waden güldene deutsche sind. „Die sieht aus wie Mami“, meint mein Kind beim Anblick von MM und hat kein bißchen recht damit, aber ich verstehe seine Verwirrung. Thomas Winkler