300mal um die Erde

Vor 70 Jahren kam der Schnellverband  ■ Hansaplast

auf den Markt

Wer hat es noch nicht erlebt? Eine falsche Bewegung, und: „Autsch“! Aus der Wunde tropft Blut, das Geschrei ist groß. Und seit nunmehr 70 Jahren immer die gleiche Reaktion: Ein Griff zur Hausapotheke, und ein Stückchen „Hansaplast“ wird auf die Schramme oder den Schnitt geklebt.

Der Vorläufer des klebenden Schnellverbands — auch „Pflaster“ genannt — wurde vor 110 Jahren von dem Hamburger Apotheker Carl Beiersdorf erfunden. Er entwickelte einen Verband aus Mull und einer dem Naturkautschuk ähnlichen Masse, dem Guttapercha. 1882 meldete er seine Erfindung unter dem Namen „Guttaplast“ als Patent an. Das neue Pflaster besaß jedoch noch keine Klebeschicht. Da Ärzte damals unbedingt einen Klebeverband benötigten, mit dem Verbände fixiert werden konnten, forschte der aus Schlesien stammende Oscar Troplowitz am Verband weiter.

1901 brachte er dann das „Leukoplast“ auf den Markt. Ein Klebeband, das zwar hervorragend dazu geeignet war, Mullverbände zu richten und zu befestigen, jedoch einen gravierenden Nachteil hatte: Es eignete sich nicht, Schrammen, Kratzer und Schnittverletzungen steril einzuhüllen und das Blut aufzusaugen, damit die Heilung beschleunigt und die Blutung gestillt werden konnte.

Erst 19 Jahre später war auch dieses Problem gelöst: 1922 kam „Hansaplast“ produktionsfähig auf den Markt. Troplowitz erlebte diesen Erfolg nicht mehr, er starb 1918. Seine Mitarbeiter hatten die Forschung vollendet.

In den vergangenen 70 Jahren sind 12,5 Milliarden Meter „Hansaplast“ von den Produktionsbändern gelaufen, genug, um die verletzte Erde 300mal einzuwickeln. Inzwischen ist „Hansaplast“ aber nur noch eines unter vielen Pflastern. Kaum eine Wunde, für die es nicht mittlerweile einen medizinischen Spezial-Schnellverband gibt.

Hansaplast war aber auch zugleich der Vorläufer anderer Klebebänder, wie sie heutzutage in jedem Haushalt zu finden sind. Vom Tesafilm über das Isolierband befindet sich alles in der Beiersdorf-Produktpalette wieder. Dennoch hat der Hamburger Konzern Absatzprobleme. Folge: Die Produktion einzelner Klebebänder wird eingestellt, weshalb in den kommenden Jahren mindestens 300 Arbeitsplätze abgebaut werden sollen. Doch „Hansaplast“ wird erhalten bleiben. kva