Gewalt ist die Norm

■ Südafrikas Polizei ist strukturell rassistisch eingestellt

Südafrika hat eine der kleinsten Polizeitruppen der Welt. Es gibt nur etwa zwei Gesetzeshüter auf 1.000 Bürger — im Vergleich mit 3,2 in Österreich oder 3,4 in Frankreich. Deshalb wurden seit Anfang 1990 etwa 10.000 neue Polizisten eingestellt. Die Gehälter wurden zum Teil fast verdoppelt. Aber ein Polizeianfänger verdient im Monat immer noch weniger als 2.000 Rand (etwa 1.100 Mark).

Entsprechend ist ihre Qualifikation; andererseits ist Polizeiarbeit besonders gefährlich. Mehr als 500 Polizisten sind in den letzten fünf Jahren getötet worden, allein 117 in diesem Jahr.

Berichte von Gewalttaten der Polizei, ob Mißhandlung von Häftlingen oder Streit mit Freunden, der mit Schußwaffen ausgetragen wird, sind in der südafrikanischen Presse regelmäßig zu finden. „Polizeiarbeit ist in höchstem Grade belastend“, warnt ein Psychologe. „Sie könnte die Persönlichkeit beeinträchtigen. Polizisten haben täglich mit gewalttätigen Situationen zu tun und könnten das als Norm akzeptieren.“

Dabei ist die Ausbildung, erst seit kurzem nicht mehr nach Rassen getrennt, äußerst unzureichend. Dumpfe Propaganda gegen schwarze Widerstandsgruppen gehört zwar nicht mehr zum Programm. Aber die Rekruten werden nur fünf Monate ausgebildet, bevor sie vor Ort stationiert werden. „Alle Bereiche der Polizei sind von militärischem Geist durchsetzt“, meint Janine Rauch, Wissenschaftlerin an der Johannesburger Witwatersrand Universität und Autorin einer vor kurzem veröffentlichten Untersuchung zur Polizeiausbildung. Kritisches Urteilsvermögen und die Flexibilität, die Polizeiarbeit erfordern, werden Rauch zufolge im Unterricht systematisch vernachlässigt.

Rauch berichtet auch, daß die „informelle Kultur“ bei der Polizei, also Rassismus und der Haß gegen schwarze Oppositionsgruppen, die Inhalte der Ausbildung überlagert. „Das Leben eines Schwarzen zählt da nichts“, meint dazu die südafrikanische Menschenrechtskommission. „Es herrscht eine Einstellung vor, die die Anwendung von Folter und anderen brutalen Methoden rechtfertigt in einem Krieg gegen den sogenannten Feind.“