190 Anzeigen gegen Asylbewerber

■ Gerüchte um 1.000 Ermittlungsverfahren in Hannover von Polizei dementiert

Als nicht korrekt haben die Grünen Berichte zurückgewiesen, wonach in Hannover rund 1.000 Ermittlungsverfahren gegen Asylbewerber wegen des Verdachts auf Sozialhilfebetrugs eingeleitet worden sind. Der Landtags-Abgeordnete der Grünen, Pico Jordan, teilte gestern mit, Nachfragen bei den zuständigen Stellen in Justiz und Polizei hätten ergeben, daß es nur rund 200 Verdachtspersonen gebe. Anderslautende Berichte einer hannoverschen Tageszeitung von 1.000 Verfahren entsprächen nicht der Wahrheit. „Reißerische Pauschalisierungen“ seien dem Problem des Sozialhilfebetrugs wenig dienlich und heizten ausländerfeindliche Stimmungen an, erklärte Jordan.

Auf Anfrage wollten Staatsanwaltschaft, Polizei und Ausländerbehörde der Stadt Hannover gestern ebenfalls nichts von 1.000 Verfahren wissen. Die Polizeidirektion Hannover bestätigte lediglich die Zahl von 190 Fällen, in denen Strafanzeige gestellt worden sei, weil der Verdacht bestehe, daß Asylbewerber mehrfach und mit falschem Namen Sozialhilfe eingestrichen hätten. Ermittlungsverfahren seien aber noch in keinem Fall eingeleitet worden, da die Anzeigen erst jetzt der Staatsanwaltschaft übermittelt worden seien.

Oberstaatsanwalt Nikolaus Borchers betonte, es habe lediglich Überprüfungen durch die Polizei gegeben. „Vor dem Hintergrund einer bestimmten polizeilichen Erfahrung mag man einen Anfangsverdacht sehen. Die Staatsanwaltschaft muß nicht immer zu dem gleichen Ergebnis kommen. Ich warne vor Pauschalurteilen“, meinte Borchers. Die Staatsanwaltschaft habe in jedem Einzelfall zu prüfen, ob Ermittlungen eingeleitet und ob ein richterlicher Beschluß zur Aufhebung des Sozialhilfegeheimnis erwirkt werden solle. Dies ist erforderlich, um zur näheren Überprüfung der Verdächtigungen Einsicht in die Akten des Sozialamtes nehmen zu können.

Widersprüchliche Angaben machen die Behörden zu der Zahl von „1.000 Verdachtsfällen“. In einer Vorankündigung der 190 erstatteten Anzeigen hatte Hannovers Polizeipräsident Detlef Dommaschk der Staatsanwaltschaft mitgeteilt, daß es sich um insgesamt bis zu 1.000 Betrugsfälle von Asylbewerbern handeln könne.

Aus Polizeikreisen hieß es, die Ausländerbehörde der Stadt Hannover habe im April einen Ordner mit Namen verdächtiger Asylbewerber in dieser Größenordnung übergeben. Dies wollte der Leiter der Ausländerbehörde, Jürgen Danne, gestern allerdings nicht bestätigen. dpa