Dagoberts Onkel Dagoberts Paradies

■ Hamburgs Geldfabrik steht in Meyendorf / Die Hamburgische Münze sorgt seit 1000 Jahren für das nötige Kleingeld / Die Mark aus Hamburg trägt den Buchstaben J

sorgt seit

1000 Jahren für das nötige Kleingeld / Die

Mark aus Hamburg trägt den Buchstaben J

Asche, Kies, Kohlen, Kröten, Moos, Moneten oder Zaster — egal wie mensch das liebe Geld umschreibt, im Hamburg-Meiendorf gibt es jedenfalls genug davon. Unter einer unscheinbaren Fabrikhalle liegen in Sicherheitskellern Berge von glitzernden Pfennig- und Markstücken, geradezu ideal für erfrischende Geld-Bäder à la Dagobert Duck. Jeden Tag werden es mehr, und das ganz ohne Dukatenesel, denn hier befindet sich die älteste Münzstätte Deutschlands, die

1„Hamburgische Münze“. Zur Verabschiedung des bisherigen Leiters, Kurt Stratmann, gewährte das Unternehmen mit der 1000jährigen Geschichte gestern der Öffentlichkeit einen Einblick in die Geheimnisse der Piepen-Prägung.

Heute wie im 9. Jahrhundert, als der Erzbischof der hansestädtischen Keimzelle, der Hammaburg, die ersten bekannten hamburgischen Münzen herstellen ließ, ist die Fertigung der Präge-Stempel ein anspruchsvolles Handwerk. Für Sondermünzen erstellt ein Grafiker zunächst ein Gipsmodell, die Vorlagen für das gemeine deutsche Hartgeld bedürfen dagegen keiner künstlerischen Betreuung. Der Graveur überträgt das Vorbild auf einen weichen Stahlkörper, der sogenannten Patrize. Danach drückt eine Presse mit einer Wucht von fast 250 Tonnen das Positiv in einen weiteren Stahlkörper. Heraus kommt das spiegelverkehrte Negativ. In sorgfältiger Handarbeit wird die sogenannte Matrize sodann poliert und nachgeschliffen. Nun kann die Produktion beginnen.

Bis weit ins Mittelalter hinein zirkulierte der Blechpfennig durch Handel und Haushalte. Heute ist er nur noch im Sprachgebrauch leben-

1dig: Wer zahlen muß, darf blechen. Die modernen Rohlinge, beispielsweise für die Mark, bestehen aus einer Kupfer/Nickel-Mischung und werden von externen Firmen angeliefert. Nachdem eine Maschine die Verzierungen in den Rand gefräst hat, legt sie ein Mitarbeiter, Einrichter genannt, in die Prägemaschine. Dort prallen Stempel von beiden Seiten mit einer Kraft von 150 Tonnen viermal auf das Metall. Bis zu 850 Stück pro Minute schafft so ein Moneten-Automat.

1Der Verführung, aus den Geldhaufen die ein oder andere Münze verschwinden zu lassen, erliegen die Mitarbeiter nach eigenem Bekunden nicht. „Nur am Anfang war die Verlockung groß“, gesteht Einrichter Hans-Jürgen Meyer. Doch Langfinger haben sowieso keine guten Karten. Die Zahl der ausgegebenen Rohlinge wird mit der der fertigen Münzen abgeglichen. Ein Diebstahl würde schnell bemerkt.

Ein Fünftel des bundesdeutschen Hartgeldes stammt aus der Elbme-

1tropole. Zu erkennen ist es am Buchstaben „J“. Dieser ist noch ein Überbleibsel aus den Zeiten des deutschen Reiches, das 1871 gegründet wurde. Als neunte Münzstätte des Staates erhielt die Hamburger den neunten Bestandteil des Alphabets. Vor der Reichsgründung gab es in Deutschland übrigens keine einheitliche Währung. Die Wirtschaft mußte sich durch ein Gestrüpp unterschiedlichster Währungen der Städte und Länder quälen. Sigrun Kupfer/Nickel