■ Kolumne
: Welche Revolution? Und wer hat gewonnen?

1von Detlef Diederichsen

å Von einer hochgestellten Persönlichkeit aus dem internationalen Showgeschäft wurde mir bedeutet, ich möge nicht soviel über unwichtige Bands schreiben, die sowieso niemand kennt und deren wenige Platten seit Äonen vergriffen sind. Vielmehr solle ich doch wieder Konflikte aus meinem Privatleben zur Diskussion stellen. Das sei, so sagte sie, „spaßiger“.

Sie soll ihren Spaß haben. Wie also geht's mir? - Danke, schlecht, wie immer. Die wenigen nach den letzten Wochen noch verbliebenen Gehirnzellen foltere ich mit Fragen wie: Wohin mit mir? In welche Richtung soll die Reise gehen? Was soll aus mir werden, wenn ich groß bin? Was kann ich als Einzelner schon tun? Warum findet meine geliebte Exfreundin die hochintellegenten und superlustigen Bildergeschichten von Daniel Clowes „nicht lustig“? Wer wird deutscher Meister? Und warum schmust niemand mit meinem Gehirn?

Ich hoffe, es sind diese Dinge, die ihr spaßig findet. Vielleicht gehört ihr aber auch zu jenen, die die Forderung eines geschätzten Kollegen unterstützen, der, wie mir berichtet wurde, bei einer informellen Versammlung einiger Mitarbeiter dieser Zeitung verlangte, die auf diesen Seiten abgedruckten Texte müßten „revolutionär“ sein. Von mir aus gerne! Ich bin dabei! Nur welche Revolution ist gemeint? Die sexuelle am Ende gar? Ist die nicht schon vorbei? Und wer hat eigentlich gewonnen - wir oder die anderen? Womit wir eigentlich schon wieder in den tiefsten Abgründen des Privatlebens wären. Weshalb ich natürlich gleich durchstarten könnte, in der Hoffnung, ihr, liebe Leser, findet meine Bekenntnisse tatsächlich „spaßig“ (und möglicherweise auch „revolutionär“). Aber ist Selbstentblößung nicht in erster Linie obszön? (Hier können die Formalisten unter euch Lesern gerne einen Bezug zur Welt der Musik konstruieren.)

Genug unbeantwortete Fragen? Genug unverständliches und selbstmitleidiges Wortgeklingel? Dann kann ich ja jetzt in den Park gehen, und den Hunden beim Häufchenmachen zusehen und zwar ohne obligatorische Brandyflasche im Handgepäck! Denn morgen ändert sich mein Leben und das möchte ich auf keinen Fall verpassen!