Wo schlug Hermann Herrn Quintilius?

■ Kreisarchäologe Schlüter: Bei Bramsche!

Wolfgang Schlüter hält ein kleines Röntgenbild gegen das Sonnenlicht. Dies zeigt jedoch keine Knochen und Gelenke, sondern die Umrisse einer Eisenkette. Schlüter ist Kreisarchäologe in Osnabrück. Mit Hilfe der Röntgenstrahlen hat er den wertvollen historischen Inhalt eines Erdklumpens aufgespürt. Die Eisenkette stamme von einem römischen Pferdegeschirr, sagt Schlüter. Für den Archäologen und sein Grabungsteam ist dies ein neuerlicher Beweis, daß sich am Fundort des Klumpens, wenige Kilometer nördlich von Osnabrück am Rand des Wiehengebirges, die berühmte Varusschlacht im Jahr 9 n. Chr. ereignet hat.

Rund 15 000 römische Soldaten wurden damals von germanischen Bauernkriegern unter der Führung des Arminius in einen Hinterhalt gelockt und niedergemetzelt. Dem Cherusker mit dem landläufigen Namen „Hermann“ wurde nahe Detmold in Westfalen, wo lange der Ort der Schlacht vermutet wurde, ein kolossales Denkmal gesetzt. Wenn es nach den Osnabrücker Archäologen geht, müssen die Geschichtsbücher in diesem Punkt umgeschrieben werden. Vor fünf Jahren buddelte ein britischer Soldat und Hobbyarchäologe 162 römische Silbermünzen zwischen Ostercappeln und Bramsche aus. Das brachte die Altertumsforscher auf diese heiße Spur der Römerschlacht.

„Jeden Tag machen wir neue Funde, die unsere Theorie untermauern“, sagt Schlüter. 1.000 Einzelteile vom Schleudergeschoß aus Blei über kupferne Soldatenmünzen bis zur eisernen Gesichtsmaske eines stolzen römischen Legionärs wurden bislang ans Tageslicht befördert. Die Fundstellen liegen zum Teil Kilometer auseinander. Für das Grabungsteam ist dies ein Beweis, daß sich hier ein römischer Militärtroß entlanggequält haben muß. „Hunderte haben sich bereits darangemacht, den Ort der Varusschlacht zu finden. Da bin ich schon etwas stolz bei solch beweiskräftigen Funden“, meint Schlüter.

Bisher fehlte es an Geld für die Grabungsarbeiten. Die Grabungsleiterin wird über ABM bezahlt. Doch die Zukunft verheißt Besseres: Rund 200.000 Mark haben private Spender und Firmen in den vergangenen Wochen auf ein Sonderkonto eingezahlt.

Der Öffentlichkeit werden zahlreiche Grabungsfunde im nächsten Frühjahr präsentiert. Für diesen Termin ist eine Wanderausstellung geplant, die in verschiedenen Städten der Bundesrepublik zu sehen sein soll. Rolf Lampe / dpa