Die gruppendynamischen Spielchen der Fans

■ FC St. Pauli: Glücklicher 1:0 Sieg gegen Fortuna Köln / Desolates Gekicke / 17 000 Zuschauer feierten sich selbst

: Glücklicher 1:0 Sieg gegen Fortuna Köln / Desolates Gekicke / 17000 Zuschauer feierten sich selbst

„Solche Fans würde ich mir auch gern in Köln wünschen“, sprach Gerd Roggensack, Trainer vom Fußballzweitligisten Fortuna Köln nach dem Gastspiel seiner Mannschaft im Hamburger Wilhelm Koch Stadion. Wieder einmal waren es nur die Anhänger des FC St. Pauli, die die Gäste beim 1:0 Sieg ihrer Mannschaft beeindrucken konnten.

So sah es auch St. Pauli-Coach Michael Lorkowski: „Wir haben genau so schlecht wie gegen Wuppertal letzte Woche gespielt, hatten heute aber viel Glück.“ Gänzlich indisponiert zeigten sich also die Kiezakteure: Keiner der St Pauli- Profis wußte so recht, was er mit der runden Kugel anfangen sollte. Am besten nur weit weg damit und hoffen das ein Teamkollege sie bekommt — was meistens nicht der Fall war — schien die Spieltaktik zu sein. Es entwickelte sich ein tumbes Hin-und- her-Gebolze, an dem sich die Kölner nach besten Kräften beteiligten. Teilweise erschien es den Zuschauern vergnüglicher dem Lauf des Riesenrads zu folgen, als dem orientierungslosem Geschehen auf dem Platz. Probleme zeigten sich außer in der löcherigen Abwehr vor allem im Sturm und im Mittelfeld des FC St. Pauli: Einem aufgescheuchten Hühnerhaufen gleich liefen die Mittelfeldspieler auf dem Feld herum. Es war schon erstaunlich, wenn der Ball über mehr als zwei Stationen kullerte. Im Sturm machte Leo Manzi mit einer, auch für ihn, außergewöhnlich schwachen Vorstellung auf sich aufmerksam. Ungemein ästhetisch wirkende Sprünge zu kaum erreichbaren Bällen und Zweikampfschwäche zeichneten sein Spiel aus, bevor er in der 40. Minute aufgrund einer Kreislaufschwäche den Platz verlassen mußte. Für ihn kam Andreas Jeschke, dem es teilweise gelang, das niedrige spielerische Niveau von Manzi noch zu unterbie-

ten. Der einzige Lichtblick in der ersten Hälfte war das Kopfballtor von Markus Aerdken in der 29. Minute nach einer Flanke von Rachid Belarbi.

Auch in der zweiten Halbzeit änderte sich auf dem Spielfeld wenig. Die Zuschauerränge wurden auf einmal zum Ort des Geschehens, das Spiel zur Nebensache. Die St. Pauli-Fetischisten übten sich in gruppendynamischen Spielchen und starteten so als Millerntorpremiere die „La Ola“, um wenigstens etwas Bewegung im Stadion zu haben. Es hatte leider die falsche Wirkung: Nicht die Hamburger fühlten sich bemüßigt, auch etwas gruppendynamischer zu agieren, nein, es waren die Kölner die auf einmal das Spiel dominierten. Die gesamte Millerntorequipe hielt sich in der Schlußphase der Begegnung in der eigenen Spielhälfte auf. Unvermö-

gen der Kölner Stürmer, eine ungewohnt sichere Vorstellung von St. Pauli-Keeper Klaus Thomforde und ganz einfach fehlendes Glück verhinderte einen Kölner Torerfolg. Konterchancen auf der Gegenseite wurden schmählich vergeben.

Sehr zum Ärger von Michael Lorkowski: „Ich hoffe das meine Mannschaft jetzt nicht glaubt, daß sie gut ist, weil sie so euphorisch gefeiert wurde“ warnte Trainer Mi-

chael Lorkowski seine Spieler vor der guten Stimmung auf den Rängen:„Wir haben einfach nur Glück gehabt.“ Abzuwarten bleibt welche Inspirationen Lorkowski für das Spiel am kommenden Sonabend in München haben wird, um nicht dem bisher punktlosen Tabellenschlußlicht SpVgg Unterhaching zum ersten Punktgewinn zu verhelfen.

Gunnar Gudmundsson