Solidarität angebracht

KOMMENTAR

Solidarität angebracht

Die Justiz vermag schon manchmal zu verblüffen: Da werden jahrelang Menschen hinter Gittern gehalten, da wird sich auf Vorschriften und Rechtsinterpretationen und Gesetze gestützt, und dann kommt eine Große Strafkammer daher und sagt kurzerhand: „Das war rechtswidrig!“ Den Richtern ist zu dieser Art Mut zu gratulieren.

Dennoch hat auch dieser Beschluß einen bitteren Beigeschmack. Die Große Strafkammer 13 hat sich im wesentlichen Punkt um des Pudels Kern — die Haschisch-Frage — gemogelt. Ist es heute noch politisch und juristisch, aber auch moralisch vertretbar, einen Menschen, der mit der weichen Droge „Hasch“ gedealt hat, acht Jahre hinter Gitter zu schicken, während alle Welt die weiche Droge „Alkohol“ im Laden kaufen kann?

Es hätte dem Gericht also gut zu Gesicht gestanden, zumindest einige Absätze des 17 Seiten umfassenden Urteils dem eigentlichen Knackpunkt des Verfahrens um Oliver Müller zu widmen. So werden die Lübecker Richter mit ihrem Vorstoß, einen Hasch-Dealer nicht bestrafen zu wollen, weiterhin im wesentlichen allein gelassen. Ein wenig Richter-Solidarität in der Cannabis-Debatte wäre durchaus angebracht und sinnvoll gewesen. Kai von Appen